Rz. 478

Ausgelöst durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 (Rdn 238, 244 ff.) hat § 119 SGB X erheblich an Bedeutung gewonnen, ohne dass es insoweit zu einer inhaltlichen Änderung der Vorschrift gekommen ist.

 

Rz. 479

Mit Wirkung vom 1.1.1984 ist für den Barleistungen (z.B. Krankengeld, Verletztengeld) erbringenden Sozialversicherungsträger die Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung entfallen (Rdn 244). Stattdessen wurde ebenfalls mit Wirkung vom 1.1.1984 § 1385b RVO a.F. eingeführt. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift hatten die Sozialversicherungsträger für Ausfallzeiten von Personen, denen sie Barleistungen gewähren, zwar ebenfalls Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung zu erbringen. Diese Beiträge dienten aber nicht der Aufrechterhaltung des versicherungsrechtlichen Status des Verletzten, sondern dem internen Lastenausgleich (Finanzausgleich) zwischen den sozialen Leistungsträgern. Die Zahlung dieser Beiträge führte deshalb nicht zu einem Erstattungsanspruch (§ 116 SGB X) des Sozialversicherungsträger gegen den Schädiger; es fehlte die sachliche Kongruenz mit dem nach §§ 842, 843 BGB ersatzpflichtigen Schaden.[580] Der Beitragssatz für diese dem Finanzausgleich dienenden Beiträge entspricht dem der Pflichtversicherungsbeiträge. Der Verletzte als Bezieher der Barleistungen (Krankengeld, Verletztengeld, nicht dagegen Übergangsgeld) muss sich an diesen Beiträgen zur Hälfte beteiligen.

 

Rz. 480

Da durch die Beitragszahlung der Versichertenstatus des Verletzten in der Rentenversicherung unberührt bleibt, steht ihm ein voller Anspruch auf Ersatz seines "Beitragsschadens" (Erwerbs- bzw. Verdienstausfallschaden) gegen den Schädiger zu, wobei der zu ersetzende Beitrag aus dem vor dem Unfall bezogenen Bruttolohn zu errechnen ist. Voller Schadensersatzanspruch des Verletzten besteht auch deshalb, weil der Regress des Sozialversicherungsträger ausfällt.[581] Bei Beiträgen zur Krankenversicherung (§ 381 Abs. 3a RVO a.F.) und zur Arbeitslosenversicherung (§ 186 Abs. 1 AFG a.F.) bleibt dagegen das Regressrecht des leistenden Sozialversicherungsträger nach § 116 SGB X erhalten.[582] Zur Frage, ob die interne Verrechnung des Beitragsanteils des Verletzten (50 %) mit dem Verletztengeld Einfluss auf den Regress des Sozialversicherungsträger (§ 116 SGB X) wegen des Verletztengeldes hat, wird auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5.12.1989 verwiesen.[583]

 

Rz. 481

Der Anspruch des Verletzten auf Ersatz des vollen Beitragsschadens geht nach § 119 SGB X zum Unfallzeitpunkt auf den Rentenversicherer über, dem es obliegt, den Schaden, evtl. unter Berücksichtigung eines Mithaftungsanteils, zu realisieren. Die eingegangenen Beiträge gelten als Pflichtbeiträge und sind dem Rentenkonto des Verletzten gutzuschreiben.

Soweit der Schädiger "echte Pflichtversicherungsbeiträge" nach § 119 SGB X direkt an den Rentenversicherungsträger zahlt, hat dieser die unechten – als Finanzausgleich gezahlten – Beiträge nach § 1385b Abs. 3 RVO a.F. dem Verletzten und dem Sozialversicherungsträger zu erstatten.

[580] BGH, Urt. v. 18.2.1986 – VI ZR 55/85, VersR 1986, 485 = MDR 1986, 837 = NJW 1986, 2370; Küppersbusch, VersR 1985, 16.
[581] BGH, Urt. v. 18.2.1986 – VI ZR 55/85, a.a.O.; BGH, Urt. v. 15.4.1986 – VI ZR 146/85, BGHZ 97, 330, 339 = VersR 1986, 592 = MDR 1986, 745 = NJW 1986, 224; VersR 1987, 598, 599; BGHZ 109, 291, 294 m.w.N. = VersR 1990, 220.
[582] Vgl. auch BGH VersR 1986, 485.
[583] BGH, Urt. v. 5.12.1989 – VI ZR 73/89, BGHZ 109, 291 = VersR 1990, 220 = MDR 1990, 426 = NJW 1990, 1045.

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