Rz. 411

Leisten mehrere Sozialversicherungsträger gegenüber einem Verletzten, so sind sie Gesamtgläubiger (§ 117 SGB X). Unterhält einer der Sozialversicherungsträger ein Teilungsabkommen, kann er nicht die abkommensgemäße Quote für seine Leistung verlangen, sondern nur die Abkommensquote aus dem Anteil, der dem Verhältnis der beiderseitigen Sozialleistungen entspricht (Schaden x Sozialversicherungsträger-Leistung: Gesamt-Sozialversicherungsträger-Leistung).[513]

 

Rz. 412

Sind zwei Sozialversicherungsträger als Gesamtgläubiger an einer Regressforderung beteiligt, so kann ein Teilungsabkommen eines von ihnen weder zulasten noch zugunsten des daran nicht beteiligten Trägers Anwendung finden.[514] Anders ist es im Verhältnis zwischen einem Versorgungsträger und einer Krankenkasse bei der Durchführung der Heilbehandlung nach dem BVG.[515] Bei Gesamtgläubigerschaft kann einer der Gläubiger mit dem Haftpflichtversicherer einen Erlassvertrag auch mit Wirkung gegen den anderen schließen.[516]

 

Rz. 413

Ein Wechsel des Sozialversicherungsträger wirft die Frage auf, ob der nachfolgende Sozialversicherungsträger Rechtsnachfolger des zuerst zuständig gewesenen ist. Zum anderen bleibt zu fragen, wie sich ein Wechsel auf bestehende Teilungsabkommen auswirkt.

 

Rz. 414

Wechselt der Verletzte nach dem Schadensfall die Krankenkasse (z.B. Wohnortveränderung, Arbeitsplatzwechsel), so ist der zweite Krankenversicherer Rechtsnachfolger des ersten.[517] Dies schließt natürlich nicht aus, dass der Anspruchsübergang auf die zweite Kasse erst in dem Augenblick stattfindet, in dem sie zuständig wird.[518] Hat die erste Kasse mit dem Haftpflichtversicherer ein Teilungsabkommen unterhalten, so ist die übernehmende Kasse hieran nicht gebunden. Zwar hat der Haftpflichtversicherer gegenüber der zweiten Kasse nach § 404 BGB grundsätzlich dieselben Einwendungen wie gegenüber dem bisherigen Gläubiger. Bei verständiger Auslegung kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Kasse bei Abschluss des Teilungsabkommen auch hinsichtlich solcher Ansprüche vergleichen wollte, die ihr bei einem Zuständigkeitswechsel nicht mehr zustehen.

 

Rz. 415

Unterhält die übernehmende Kasse mit dem Haftpflichtversicherer ebenfalls ein Teilungsabkommen, so wird von einigen unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs[519] die Auffassung vertreten, die anfallenden Leistungen könnten hiernach nicht abgewickelt werden, weil das Teilungsabkommen für den Verletzten zum Unfallzeitpunkt keine Gültigkeit gehabt habe.[520] Ebenso ließe sich das Teilungsabkommen aber auch dahin auslegen, dass Fälle, mit denen die Krankenkasse erstmalig befasst wird, weil ihre Zuständigkeit erst unter der zeitlichen Wirkung des Teilungsabkommen eingetreten ist, als "neue" Schadensfälle behandelt und dem Teilungsabkommen untergeordnet werden. Es empfiehlt sich, im Teilungsabkommen hierfür eine Regelung zu treffen.

 

Rz. 416

Zu beachten ist, dass sich die Beschränkung des zwischen dem Haftpflichtversicherer und einer Krankenkasse bestehenden Teilungsabkommen nur auf die vereinbarte Quotelung des Haftpflichtanspruchs bezieht. Allgemeine Erklärungen des Haftpflichtversicherers (z.B. Verjährungsverzicht) gegenüber der ersten Kasse sind auch gegenüber der zweiten Kasse als Rechtsnachfolgerin wirksam.

 

Rz. 417

Unterhält die übernehmende Kasse kein Teilungsabkommen, so hat sie ihre Leistungen nach Sach- und Rechtslage abzuwickeln.

 

Rz. 418

Ist der Verletzte im Augenblick des Schadensereignisses nicht sozialversichert, wird aber nachfolgend ein Sozialversicherungsverhältnis begründet, aus dem er Sozialversicherungsleistungen erhält, so tritt der Forderungsübergang erst im Augenblick der Begründung des Versicherungsverhältnisses ein. Der Sozialversicherungsträger ist Rechtsnachfolger des Versicherten (§ 404 BGB). Nach einem Teilungsabkommen kann der Sozialversicherungsträger seine Leistungen nur dann abrechnen, wenn dieses bereits im Unfallzeitpunkt Gültigkeit hatte.

 

Rz. 419

Kommt es zu einer Vereinigung von Krankenkassen (sog. Fusion, vgl. § 144 SGB V), ergibt sich nichts anderes. Unterhielt die vor der Fusion zuständig gewesene Kasse ein Teilungsabkommen, hat sie ihre Aufwendungen hiernach abzurechnen. Dieses Teilungsabkommen steht nach der Fusion weiterhin in Geltung, sodass die Kasse nach der Vereinigung weiterhin danach abzurechnen hat, es sei denn, sie begründet mit dem Haftpflichtversicherer ein neues Teilungsabkommen. Ein von der Zweitkasse mit dem Haftpflichtversicherer vor Fusion begründetes Teilungsabkommen greift für die nach der Fusion entstehenden Leistungen nicht ein, weil dieses zum Unfallzeitpunkt keine Gültigkeit hatte. Ebenso wenig können Kosten wegen einer Wiedererkrankung[521] nach diesem Teilungsabkommen abgerechnet werden. Vielmehr ist ausschließlich dasjenige Teilungsabkommen anzuwenden, das die jeweilige Kasse (vor Fusion) vereinbart hatte und das im Zeitpunkt der Schädigung galt.

 

Rz. 420

In nicht wenigen Teilungsabkommen werden die Fragen um die Anwendung der Rahmenvertr...

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