Rz. 25

Eine Eintragung wird nach Eintritt der Tilgungsreife zuzüglich einer Überliegefrist von einem Jahr gelöscht. Während dieser Zeit darf der Inhalt der Eintragung nicht übermittelt und über ihn keine Auskunft erteilt werden, es sei denn, der Betroffene begehrt eine Auskunft über den ihn betreffenden Inhalt.

 

Rz. 26

Die Überliegefrist ist erforderlich, weil die tilgungshemmende Wirkung einer neuen Entscheidung regelmäßig schon zu einem Zeitpunkt beginnt, in dem die Entscheidung dem Register noch nicht mitgeteilt worden ist. Es soll verhindert werden, dass eine Entscheidung aus dem Register entfernt wird, obwohl vor Eintritt der Tilgungsreife eine neue Entscheidung ergangen ist, von der die Registerbehörde noch keine Kenntnis erhalten hat. Da in diesem Fall eine Bewährung nicht stattgefunden hat, wäre eine Tilgung nicht gerechtfertigt.

 

Rz. 27

Die Überliegefrist (§ 29 Abs. 6 S. 2 und Abs. 7 S. 1 StVG a.F.) führt zu einer weiteren Ablaufhemmung der Tilgungsfrist.[26] Wenn eine Tat vor Ablauf der Tilgungsfrist für eine vorangegangene Eintragung begangen war, aber bis zum Ablauf der Tilgungsfrist nicht in das FER/VZR eingetragen ist, würden nach den dargestellten Regeln die Punkte für die bislang eingetragene Zuwiderhandlung getilgt. Da die neue Tat zwar schon begangen, aber noch nicht rechtskräftig geahndet ist, hat sich der Betroffene im Straßenverkehr nicht bewährt. Da der Lauf der Tilgungsfrist bei Ordnungswidrigkeiten erst mit Rechtskraft beginnt (§ 29 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 StVG a.F.), ist es nur logisch, dass die Eintragung der neueren Verkehrsauffälligkeit so lange wie möglich hinausgezögert wird – eben bis die Tilgungsreife der bereits im Register eingetragenen Sanktionen eingetreten ist. Um die Einlegung solcher "taktischer Rechtsmittel" zu verhindern, wurde die "Überliegefrist" geschaffen. Jeder vor der Tilgungsreife der bereits eingetragenen Auffälligkeit bereits begangene neue Verstoß hemmt die Tilgung der alten Eintragung, wenn der neue Verstoß innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Tilgungsreife des alten Verstoßes zu einer Eintragung im FER/VZR führt.[27] Die alte Eintragung wird für ein Jahr weitergeführt um zu sehen, ob es zu einer Neueintragung für eine vor der Tilgungsreife bereits begangenen Zuwiderhandlung kommt.

 

Rz. 28

Die Überliegefrist wurde mit Wirkung v. 1.2.2005 auf ein Jahr verlängert; zuvor betrug sie sechs Monate. Da die Gesetzesänderung auch für bereits eingetragene Ahndungen galt, handelte es sich um eine "unechte Rückwirkung" oder "tatbestandliche Rückanknüpfung", die wegen des Schutzzwecks der Verkehrssicherheit verfassungsrechtlich zulässig ist.[28]

[26] Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 29 StVG Rn 11.
[27] Vgl. OVG NRW v. 24.5.2007, zfs 2007, 538; NdsOVG v. 6.7.2005, 12 ME 221/05.
[28] BayVGH v. 10.7.2007 – 11 ZB 06.3140; VG Augsburg v. 10.10.2005 – Au 3 K 05.864.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge