Rz. 537

Die betriebliche Altersversorgung gehört zum Bereich der freiwilligen betrieblichen Sozialleistungen. Die Freiwilligkeit ihrer Einführung ist trotz der erheblichen Reglementierung durch Arbeits- und Steuerrecht sowie die zum Betriebsrentenrecht ergangene Rspr. im Prinzip nicht aufgehoben worden.

 

Rz. 538

Vereinbarungen über die Verschlechterung oder gar Aufhebung von Versorgungszusagen sind daher im fortbestehenden Arbeitsverhältnis grds. nicht unzulässig (BAG v. 3.7.1990 – 3 AZR 382/89, NZA 1990, 971; BAG v. 14.8.1990 – 3 AZR 301/89, NZA 1991, 174).

 

Rz. 539

Allerdings kann ein einmal freiwillig eingeführtes Versorgungswerk nicht willkürlich geändert, gekürzt oder gar völlig eingestellt werden. Der betrieblichen Altersversorgung ist nämlich nach der inzwischen gefestigten und st. Rspr. des BAG (grundlegend u.a. BAG v. 10.3.1972 – 3 AZR 278/71, BB 1972, 1005; BAG v. 30.3.1973 – 3 AZR 26/72, NJW 1973, 959; BAG v. 16.12.1976 – 3 AZR 761/75, BB 1977, 146; BAG v. 17.1.1980 – 3 AZR 614/78, NJW 1980, 1181; BAG v. 28.9.1981 – 3 AZR 181/80, DB 1982, 126; BAG v. 17.4.1985 – 3 AZR 72/83, NZA 1986, 57; BAG v. 5.9.1989 – 3 AZR 575/88, BB 1989, 2400 m. Anm. Höfer/Reiners; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, Einl., Rn 28 ff.) Entgeltcharakter beizumessen. Als eine derartige besondere Form der Vergütung ist eine einseitige Reduzierung des Versorgungsniveaus regelmäßig unzulässig. Vielmehr sind vertragliche Beziehungen sowohl auf individualrechtlicher (Arbeitsvertrag, Einzelvertrag, betriebliche Übung) als auch auf kollektivrechtlicher (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) Ebene zu beachten. Zudem darf das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht vernachlässigt werden, das im Wesentlichen bei der Gestaltung des betrieblichen Versorgungswerkes zum Zuge kommt. Dazu gehört insb. die Gestaltung des Leistungsplans, d.h. die Verteilung der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel.

 

Rz. 540

Die formale Gestaltungsmöglichkeit zur Änderung und zum Widerruf von Versorgungszusagen richtet sich somit in erster Linie nach dem jeweiligen Verpflichtungstatbestand. So ist ein einseitiger Widerruf von Versorgungsverpflichtungen im Hinblick darauf, dass der Widerruf ein einseitiges, individualrechtliches Gestaltungsmittel ist, formaljuristisch auch nur im Bereich individualrechtlich ausgestalteter Versorgungsvereinbarungen zulässig (vgl. Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, Anh. § 1 Rn 489 ff.). Bei kollektivrechtlich begründeten Versorgungsverpflichtungen ist demgegenüber die Möglichkeit der Kündigung dieser kollektivrechtlichen Vereinbarung zu prüfen (BAG v. 11.5.1999 – 3 AZR 21/98, BB 2000, 517; BAG v. 17.8.1999 – 3 ABR 55/98, NZA 2000, 498).

 

Rz. 541

Werden die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretung nicht beachtet, so ist die Änderungsmaßnahme bereits aus diesem Grunde rechtlich unwirksam.

 

Rz. 542

Die Verpflichtung zur Gewährung betrieblicher Versorgungsleistung beruht stets auf einer besonderen Rechtsgrundlage, der Versorgungszusage. Diese kann ausdrücklich oder stillschweigend (z.B. durch betriebliche Übung oder aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes) erfolgen und individualrechtlich oder kollektivrechtlich begründet werden.

a) Individualrechtliche Versorgungszusagen

 

Rz. 543

Reine individualrechtliche Versorgungszusagen sind nur einzelvertragliche Vereinbarungen über die Gewährung von betrieblichen Versorgungsleistungen (sog. Einzelzusagen) ohne jeglichen kollektiven Bezug. Sie wenden sich also ausschließlich an einzelne Versorgungsberechtigte und nicht an eine näher definierte Gruppe von Arbeitnehmern. Im Gegensatz zu ihrer Erteilung oder Verbesserung bedarf ein Eingriff in bestehende Einzelzusagen stets der ausdrücklichen Zustimmung des betroffenen Arbeitnehmers (Griebeling, ZIP 1993, 1056; Langohr-Plato, MDR 1994, 854). Die bloße Empfangsbestätigung des Änderungsangebotes und dessen Kenntnisnahme genügt nicht. Die Zustimmung kann der Arbeitgeber auch nicht durch den Hinweis herbeiführen, dass ein Schweigen des Arbeitnehmers zu der gewünschten Änderung als dessen Zustimmung gewertet wird. Vielmehr gilt das Schweigen des Arbeitnehmers grds. als Ablehnung der vom Arbeitgeber gewünschten Änderung (st. Rspr., vgl. u.a. BAG v. 8.7.1960 – 1 AZR 72/60, DB 1960, 1070; BAG v. 17.7.1965 – 3 AZR 302/64, BB 1965, 1109; BAG v. 12.2.1985 – 3 AZR 183/83, BB 1985, 1668).

 

Rz. 544

Grds. muss sich nur der Betriebsrentner unverzüglich erklären, da sich bei ihm die geplanten Veränderungen unmittelbar und nicht erst in Zukunft auswirken. Von dem Versorgungsempfänger kann daher erwartet werden, dass er eine Ablehnung des Änderungsangebotes ausdrücklich äußert. Verzichtet er auf eine solche Ablehnungserklärung und nimmt er die dann vorgenommenen Eingriffe widerspruchslos hin, kann der Arbeitgeber ein stillschweigendes Einverständnis hierzu unterstellen (Langohr-Plato, MDR 1994, 854).

 

Rz. 545

Verweigert der Arbeitnehmer die Zustimmung zu einer geplanten Verschlechterung seiner Versorgungszusage, kann der Arbeitgeber sein Ziel nur im Wege der Änderungskündigung des Arbeitsvertrages durch...

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