Rz. 5

Eine Entscheidung im schiedsgerichtlichen Verfahren in Erbsachen kann auf zwei Wegen erreicht werden:

Ein derartiges Schiedsgericht kann seine Grundlage in einer Anordnung in einer letztwilligen Verfügung gemäß § 1066 ZPO haben (ein sogenanntes außervertragliches Schiedsgericht).
Ferner kann es zu einem Schiedsverfahren aufgrund einer Schiedsvereinbarung gemäß § 1029 ZPO kommen (ein so genanntes vertragliches Schiedsgericht).
 

Rz. 6

In Abgrenzung zur staatlichen Gerichtsbarkeit wird man zunächst einmal betonen dürfen, dass die Schiedsgerichtsbarkeit nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten im Sinne von § 13 GVG und für echte Parteistreitigkeiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gestattet ist.[4]

Am 1.1.1998 ist die Schiedsgerichtsbarkeit aufgewertet worden. Man spricht auch von einer Gleichstellung mit der staatlichen Gerichtsbarkeit.[5] Im Ergebnis tritt an die Stelle der Entscheidung durch ein staatliches Gericht die Entscheidung des Schiedsgerichts.[6]

Angesichts der vorstehenden Definition gibt es also Bereiche, die einem Schiedsgerichtsverfahren nicht zugänglich sind.

 

Rz. 7

Ein Schiedsgericht entscheidet immer nur mit Rechtswirkungen "inter partes", also unter den Parteien, kann aber keine darüber hinausgehenden rechtsverbindlichen Entscheidungen treffen, so dass sich erschließt, dass beispielsweise das Erbscheinsverfahren nicht einem Schiedsgericht unterworfen werden kann, ebenso wenig alle weiteren nachlassgerichtlichen Verfahren, die Außenwirkung erzeugen (wie etwa Testamentsvollstreckerzeugnisse, Verfahren zur Sicherung des Nachlasses oder Bestellung eines Nachlasspflegers, Betreuungsangelegenheiten usw.).

Allerdings soll nach Auffassung des OLG Celle[7] eine Schiedsgerichtsklausel in einem Testament von Amts wegen zu beachten sein, ein Erbscheinsantrag ohne Vorabentscheidung eines Schiedsgerichtes sei unzulässig. Diese Entscheidung ist allerdings zu Recht auf erhebliche Kritik und Ablehnung gestoßen.[8] Es würde wohl zu weit gehen, bei Vorliegen einer Schiedsgerichtsklausel ein Erbscheinsverfahren als unzulässig einzustufen. Solange ein Streit nicht besteht – sei es vor einem staatlichen Gericht oder vor einem Schiedsgericht – muss das Erbscheinsverfahren zulässig sein.

 

Rz. 8

Sehr wohl kann der Erblasser durch letztwillige Anordnung dem Schiedsgericht eine Entscheidungskompetenz zur Frage der Erbenfeststellung im Falle eines Streites unter Erbprätendenten zuweisen, und zwar gleichgültig, ob es sich um gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge handelt.[9] Insbesondere aber kann dem Schiedsgericht die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer Bedingung, eine Erbauseinandersetzung,[10] Fragen der Ausgleichspflichten unter Abkömmlingen, Streitigkeiten über ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung, Streitigkeiten zwischen Erben und Vermächtnisnehmern sowie über Auslegung einer Verfügung von Todes wegen zugewiesen werden. So gilt der Satz: Schiedsfähig ist grundsätzlich, was testierfähig ist.[11]

 

Rz. 9

Es gibt indes auch erbrechtliche Einschränkungen. Sicher ist, dass die Grenze der materiellen Testierfähigkeit die Schranke der Schiedsfähigkeit bestimmt.[12] Nach herrschender Auffassung können Pflichtteilsansprüche nicht dem Spruch eines Schiedsgerichts unterworfen werden.[13] Eine Schiedsgerichtsklausel, die auch den Streit über Pflichtteilsansprüche dem schiedsgerichtlichen Verfahren unterwirft, überschreitet die gesetzlichen Grenzen der materiellrechtlichen Dispositionsbefugnis des Erblassers und verstößt damit gegen § 1066 ZPO, wo es heißt, dass derartige Schiedsgerichte nur in der gesetzlich statthaften Weise angeordnet werden können. Ein Erblasser kann aber den Pflichtteilsberechtigten nicht durch einseitige Anordnung in der Realisierung seiner unentziehbare Ansprüche beschränken.[14]

 

Rz. 10

Diese Unzulässigkeit ist unabhängig davon anzunehmen, ob sie sich im konkreten Fall zugunsten oder zulasten des Dritten/Berechtigten auswirkt. Der BGH ist darüber hinaus der Ansicht, dass die einseitige Zuweisung von Streitigkeiten über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers an ein Schiedsgericht durch den Erblasser unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit nicht möglich ist.[15] Darüber kann man streiten.[16] Man wird aber schwerlich gegen ein derartiges BGH-Urteil ankommen, sodass in der Literatur nach Auswegen gesucht worden sind. So wird vorgeschlagen, nicht mehr die Anordnung eines Schiedsgerichts für die Entlassung des Testamentsvollstreckers durchzuführen, sondern zu regeln, dass das Amt des Testamentsvollstreckers automatisch endet, wenn ein wichtiger Grund im Sinne von § 2227 BGB vorliegt und über die Frage, ob ein solcher vorliegt, bei Streit zwischen den Beteiligten ein Schiedsgericht nach § 1066 ZPO entscheidet. Das wäre dann ein Schiedsgutachten, welches die Vorfragen klärt. An der Zulässigkeit einer derartigen Klausel wird man nicht zweifeln dürfen.[17]

[4] BayObLG ZEV 2001, 190.
[5] Regierungsbegründungsentwurf zur BT-Drucks 13/5274.
[6] BGH NJW 1986, 3027; hierzu des Weit...

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