Rz. 16

Die oftmals schwierige Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen führt häufig dazu, dass im Verfügungsverfahren seitens des Gerichts einzelne Aussagen als nicht gegendarstellungsfähig angesehen werden.

Entspricht die Gegendarstellung aber inhaltlich auch nur in einem Punkt nicht den gestellten Anforderungen, z.B. weil sie sich in einem Punkt gegen eine Meinungsäußerung der Erstmitteilung wendet oder mit einer Meinungsäußerung entgegnet wird, so ist sie nach einer weit verbreiteten Auffassung insgesamt nicht abdruckfähig und somit nicht durchsetzbar. Hintergrund ist, dass jede Gegendarstellung einen einheitlichen Streitgegenstand bildet und zudem eine höchstpersönliche Äußerung des Betroffenen darstellt. Es bedarf daher nach überwiegender Auffassung einer erneuten Zuleitung mit eigenhändiger Unterschrift. Diese Auffassung verneint auch eine "geltungserhaltende Reduktion" eines Gegendarstellungsanspruchs im Verfahren.[39] Eine Ausnahme wird allerdings von einigen Gerichten in den Fällen praktiziert, in denen es sich um abtrennbare Angriffspunkte handelt.[40] Das Gericht kann danach selbst die von ihm als sachdienlich angesehenen Änderungen der Gegendarstellung vornehmen, wenn der Betroffene das Gericht dazu ermächtigt.[41] Schlichte redaktionelle Korrekturen ohne inhaltliche Auswirkungen werden von allen Gerichten regelmäßig anerkannt.

 

Rz. 17

In der Praxis führt das Alles-oder-Nichts-Prinzip zumindest an den Gerichten, die dies streng auslegen, dazu, dass ein Gegendarstellungsverlangen auf das Notwendigste reduziert werden muss, um es "gerichtsfest" zu machen. Der Anwalt sieht sich daher häufig mit dem Problem konfrontiert, dass von der Vielzahl der Äußerungen, die der Mandant beanstandet, nur einige wenige Aussagen übrig bleiben. Zur Vermeidung einer Abweisung formuliert man daher in kritischen Fällen in Hilfsanträgen mehrere Gegendarstellungsvarianten, die jeweils den Formerfordernissen genügen müssen. Dies ist nicht nur in der Beratung schwer vermittelbar, man muss gleichzeitig auch aufpassen, durch die verschiedenen Versionen nicht allzu plakativ auf problematische Punkte aufmerksam zu machen.

[39] OLG Oldenburg AfP 2011, 74, 75; OLG Hamburg AfP 1984, 155; OLG Köln NJW-RR 1990, 1119; a.A. – Änderungen sind zulässig – OLG Frankfurt AfP 2008, 628; abgeschwächt OLG Karlsruhe AfP 2009, 267, 270; krit. Prinz, NJW 1995, 817 f.
[40] OLG München AfP 2003, 70.
[41] Offengelassen in OLG Frankfurt AfP 2010, 478; bejahend OLG Frankfurt AfP 1982, 179, 180; OLG Frankfurt AfP 1983, 279, 281 f.; OLG München AfP 2003, 70; OLG München AfP 2000, 172, 173.

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