I. Karenzentschädigung

 

Rz. 68

Gem. § 74 Abs. 2 HGB ist das Wettbewerbsverbot nur wirksam, wenn sich der Arbeitgeber verpflichtet hat, für die Dauer des Verbotes eine Karenzentschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbotes mindestens 50 % der vom Arbeitnehmer zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht. Es empfiehlt sich stets, einen Prozentbetrag und nicht eine feste Summe zu nennen. Ist nämlich ein fester Betrag angesetzt, so können sich bei einer Gehaltserhöhung Probleme daraus ergeben, dass die in § 75 Abs. 2 HGB fixierte Grenze unterschritten wird. Der Arbeitnehmer hat auch dann einen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung, wenn eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Normen des Handelsgesetzbuches verweist. Denn in einer derartigen Verweisung liegt im Zweifel auch die Zusage einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe (BAG v. 28.6.2006 – 3 AZR 506/04 NZA 2006, 1159).

 

Rz. 69

Nach § 74b HGB ist die Entschädigung wie das Gehalt am Schluss eines jeden Monates seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Dies gilt auch dann, wenn sie für das ganze Jahr vereinbart ist (vgl. Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 55 Rn 89). Gem. § 75d HGB sind abweichende, für den Arbeitnehmer ungünstigere Abreden unwirksam. Die Karenzentschädigung unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB mit Übergangsvorschrift in Art. 229 § 6 EGBGB). Etwas anderes kann jedoch in tariflichen oder vertraglichen Ausschlussfristen vereinbart werden, sofern alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfasst werden und auf den jeweiligen Fälligkeitstermin abgestellt wird (BAG v. 22.6.2005 – 10 AZR 459/04, AP § 4 TVG Ausschlussfrist, Nr. 183; LAG Nürnberg v. 21.2.2007 – 6 Sa 576/04, NZA-RR 2007, 428). Ihr Erfüllungsort ist gem. § 269 BGB der Ort der Niederlassung des Arbeitgebers.

II. Berechnung der Karenzentschädigung

 

Rz. 70

Bei der Berechnung der Karenzentschädigung sind sämtliche vertraglichen Einkommensbestandteile zu berücksichtigen. Dazu gehören demnach: Leistungszulagen, Provisionen, 13. Gehalt, Gratifikationen, Urlaubsgeld, Natural- und Sachleistungen (vgl. dazu mit entsprechenden Rechtsprechungsnachweisen MünchArbR/Thüsing, § 74 Rn 47; Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 55 Rn 79). Naturalleistungen sind mit ihrem letzten Wert in die Berechnung der Karenzentschädigung einzubeziehen. Für die Bewertung von Sachbezügen gibt es weder gesetzliche Bestimmungen noch allgemein verbindliche Grundsätze. Sie sind nach den Grundsätzen in Rechnung zu stellen, wie sie für die Abgeltung von Sachleistungen gelten, also mit dem angemessenen, d.h. dem wirtschaftlichen Wert, der sich aus den für den Arbeitgeber entstehenden Kosten ergibt. Es bietet sich daher an, auf die regelmäßig erscheinenden ADAC-Kostentabellen zurückzugreifen (vgl. BAG v. 23.6.1994 – 8 AZR 537/92, NJW 1995, 348; a.A. LAG Hamm v. 30.3.2000 – 16 Sa 1684/99, EzA-SD 2000 Nr. 12). Dabei ist ggf. ein Abschlag zu machen, der auf die dienstliche Nutzung entfällt, die der Arbeitgeber ohnehin zu tragen hat. Der so ermittelte Betrag ist dann letztlich das, was der Arbeitnehmer monatlich hätte aufwenden müssen, um ein solches Fahrzeug privat zu nutzen. Damit wird auch Sinn und Zweck der Karenzentschädigung erfüllt, wonach dem Arbeitnehmer im Grunde das erhalten bleiben soll, was er bisher unter Verwertung seiner fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen verdient hat (vgl. Kopp, DAV-Jahrbuch 1997 der Arbeitsgemeinschaft Fachanwälte für Arbeitsrecht, S. 41; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn 393). Zu den vertragsmäßigen Leistungen gehören ferner Tantiemen oder sonstige Gewinnbeteiligungen sowie noch nicht fällige Provisionen. Dabei kommt es bei diesen Einkommensbestandteilen nicht auf ihre Fälligkeit oder tatsächliche Auszahlung an, da maßgebend ist, wann die Leistungen des Arbeitnehmers erbracht worden sind. Berücksichtigungsfähig sind vielmehr die Zeiten, für die sie gezahlt werden (vgl. BAG v. 9.1.1990 – 3 AZR 110/88, AP § 74 HGB Nr. 59 = NJW 1990, 1870). Bei Einkommensbestandteilen in wechselnder Höhe (z.B. bei Prämien, Gratifikationen o.ä.) ist nach § 74b Abs. 2 HGB der Durchschnittsbetrag der letzten drei Jahre anzusetzen. Maßgebend ist i.Ü. was dem Arbeitnehmer im letzten Monat des Arbeitsverhältnisses zustand, denn die Höhe der Karenzentschädigung richtet sich gem. § 74 Abs. 2 HGB nach der letzten vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogenen vertragsgemäßen Vergütung. Ist diese durch eine (wenn auch nur befristet geltende) Elternzeit zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung gemindert, so ist die Karenzentschädigung aus diesem reduzierten Gehalt und nicht aus dem nach Ende der Elternzeit erneut geltenden Vollzeitgehalt zu berechnen. Es ist weder auf die letzte vertragsgemäße Vergütung vor Beginn der Elternzeit noch auf den dreijährigen Bezugszeitraum gem. § 74b Abs. 2 S. 1 HGB abzustellen (BAG v. 22.10.2008 – 10 AZR 360/08, NZA 2009, 964). Daher genügt auch die Zusage einer Karenzentschädigung "von 50 % der vertragsmäßigen Leistungen der le...

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