1. Verwaltungszwangsverfahren vor der Verwaltungsbehörde

 

Rz. 218

Im Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvollstreckungsverfahren) vor der Verwaltungsbehörde würde der Anwalt an sich die Gebühren nach Teil 2 Abschnitt 3 VV verdienen, also die der Nrn. 2300, 2301 VV, da es sich um eine außergerichtliche Tätigkeit handelt. Zu beachten ist jedoch Vorbem. 2.3 Abs. 1 VV. Danach sind auch im Verwaltungszwangsverfahren vor der Verwaltungsbehörde die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 3, Unterabschnitt 3 VV anzuwenden, also die Nrn. 3309, 3310 VV.

 

Rz. 219

Auch hier gilt § 17 Nr. 1 RVG, wonach das Verwaltungsverfahren und das Nachprüfungsverfahren zwei verschiedene Angelegenheiten darstellen. Die Regelung des § 17 Nr. 1 RVG ist dagegen nicht abbedungen, sodass das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und ein behördliches Nachprüfungsverfahren zwei verschiedene Angelegenheiten i.S.d. § 15 RVG darstellen. Daher entstehen die Gebühren im Verfahren auf Anordnung einer Zwangsmaßnahme und in einem eventuellen Widerspruchsverfahren gesondert.[106] Denkbar ist auch, dass hier noch ein Aussetzungsantrag vor der Behörde gestellt wird, sodass eine dritte Angelegenheit vorliegt. Vorbem. 2.3 Abs. 1 VV verweist nur auf Teil 3 Abschnitt 3 Unterabschnitt 3, nicht auch auf § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, sodass das Verfahren auf Anordnung einer Vollstreckungsmaßnahme und ein Verfahren über die Aussetzung oder sofortige Vollziehung gesonderte Angelegenheiten darstellen.

 

Rz. 220

Gesonderte Gebühren entstehen dagegen nicht, wenn die Zwangsmaßnahme zusammen mit der Hauptsache ergeht oder zusammen mit ihr angefochten wird.

 

Rz. 221

Wird dagegen ein Bescheid, der die Anordnung zur Hauptsache enthält und die Anordnung einer Zwangs- oder Vollstreckungsmaßnahme nur hinsichtlich dieser angegriffen, entstehen wiederum nur die Gebühren nach den Nrn. 3309 ff. VV.[107]

 

Rz. 222

Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Widerspruchsverfahren erhält der Anwalt eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV. Eine Reduzierung des Gebührensatzes im Widerspruchsverfahren ist hier nicht vorgesehen.

 

Rz. 223

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber gemeinschaftlich, so erhöht sich die Verfahrensgebühr um 0,3 je weiteren Auftraggeber.

 

Rz. 224

Möglich ist auch eine 0,3-Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV. Anstelle des "gerichtlichen Termins" ist in entsprechender Anwendung (Vorbem. 2.3 VV) ein Termin vor der vollstreckenden Behörde zu verstehen.[108]

 

Rz. 225

Des Weiteren ist auch hier der Anfall einer Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1002 VV möglich. Der Gebührensatz beläuft sich mangels Anhängigkeit auf 1,5.

 

Beispiel 137: Verfahren auf Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes

Die Behörde hatte eine Abrissverfügung erlassen, die zwischenzeitlich bestandskräftig ist (Streitwert: 20.000,00 EUR). Die Behörde droht nunmehr die Festsetzung eines Zwangsgeldes an. Daraufhin wird ein Anwalt beauftragt, der die Festsetzung des Zwangsgeldes verhindern soll. Der Anwalt wird gegenüber der Behörde tätig.

Im Verwaltungsverfahren auf Festsetzung des Zwangsgeldes ist für den Anwalt nach Vorbem. 2.3. Abs. 1, Nr. 3309 VV eine 0,3-Verfahrensgebühr angefallen.

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   246,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 266,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   50,65 EUR
Gesamt   317,25 EUR
 

Rz. 226

 

Beispiel 138: Verwaltungsverfahren mit Besprechung

Nach Androhung der Festsetzung eines Zwangsgeldes wird der Anwalt beauftragt, die Festsetzung abzuwehren. Die Behörde beraumt einen Termin an, um die Sache zu besprechen. Der Anwalt nimmt an der Besprechung teil. Diese bleibt jedoch ohne Ergebnis.

In entsprechender Anwendung der Nr. 3310 VV entsteht jetzt auch für die Besprechung mit der Behörde eine Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV.

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   246,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. 0,3-Terminsgebühr, Nr. 3310 VV   246,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 513,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   97,51 EUR
Gesamt   610,71 EUR
 

Rz. 227

 

Beispiel 139: Verwaltungszwangsverfahren und Widerspruchsverfahren

Wie vorangegangenes Beispiel 138. Das Zwangsgeld wird festgesetzt. Hiergegen legt der Anwalt auftragsgemäß Widerspruch ein.

Jetzt entsteht die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309, Vorbem. 2.3. Abs. 1 VV gem. § 17 Nr. 1 RVG zweimal, nämlich einmal für das Verwaltungsverfahren und einmal für das Widerspruchsverfahren.

 
I. Verwaltungsverfahren
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   246,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 266,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   50,65 EUR
Gesamt   317,25 EUR
II. Widerspruchsverfahren
  Wie in I.
 

Rz. 228

 

Beispiel 140: Verwaltungszwangsverfahren und Widerspruchsverfahren mit Besprechung und Erledigung

Wie vorangegangenes Beispiel 139. Nach Einlegung des Widerspruchs beraumt die Behörde einen Termin an. Der Anwalt nimmt daran teil. Es kommt zu einer Erledigung des Vollstreck...

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