a) Überblick

 

Rz. 180

Die Kostenerstattung in Zwangsvollstreckungssachen folgt aus § 788 Abs. 1 ZPO. Die Kosten einer notwendigen Zwangsvollstreckungsmaßnahme hat der Schuldner zu tragen, auch dann, wenn die Vollstreckungsmaßnahme letztlich erfolglos geblieben ist. Die Vorschriften der §§ 91 ff., 269 ZPO gelten hier nicht. Daher hat der Schuldner auch die Kosten eines zurückgenommenen Vollstreckungsantrags – etwa wegen mangelnder Erfolgsaussichten – zu tragen, wenn der Schuldner bei Einleitung der Vollstreckungsmaßnahme diese als notwendig ansehen durfte.

 

Rz. 181

Erstattungs- und festsetzungsfähig ist bereits die durch eine anwaltliche Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung ausgelöste Vollstreckungsgebühr. Voraussetzung ist, dass der Gläubiger im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels ist, die Fälligkeit der titulierten Forderung eingetreten und dem Schuldner vor der anwaltlichen Zahlungsaufforderung eine je nach den Umständen angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung der Forderung eingeräumt worden ist. Die Erstattungsfähigkeit der Vollstreckungsgebühr setzt die vorherige Zustellung des Titels nicht voraus.[93]

 

Beispiel 118: Festsetzungsfähigkeit der Kosten einer Vollstreckungsandrohung

Der Anwalt ist zunächst lediglich damit beauftragt, die Zwangsvollstreckung anzudrohen. Daraufhin zahlt der Schuldner.

Die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung sind nach § 788 Abs. 1 S. ZPO vom Schuldner zu tragen. Dazu gehören auch die Kosten für eine Vollstreckungsandrohung.[94] Zahlt der Schuldner nicht freiwillig, können diese Kosten nach § 788 Abs. 2 ZPO festgesetzt werden.

 

Rz. 182

Voraussetzung für eine Erstattung ist, dass die vorangegangene Vollstreckungsmaßnahme notwendig war.

 

Beispiel 119: Weitere vollstreckbare Ausfertigung und Mobiliarvollstreckung (Erteilung notwendig)

Der Anwalt wird beauftragt, wegen einer Geldforderung in Höhe von 1.860,00 EUR die Mobiliarvollstreckung zu betreiben. Da der Original-Titel beim Gläubiger verloren gegangen ist, wird der Anwalt vorab beauftragt, eine weitere vollstreckbare Ausfertigung zu beantragen, für die das Gericht nach Nr. 2110 GKG-KostVerz. eine Gebühr von 20,00 EUR erhebt.

Es liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor. Das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung gilt als eigene Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 5 RVG), sodass die Gebühren zwei Mal entstehen. Die Kosten für die weitere vollstreckbare Ausfertigung sind jetzt jedoch nicht notwendig[95] und damit nicht erstattungsfähig, sodass vom Schuldner nur die Kosten für eine einfache Vollstreckung verlangt werden können.

[93] BGH AGS 2003, 561 = NJW-RR 2003, 1581; bestätigt in FamRZ 2004, 101; AnwK-RVG/Volpert, Nr. 3309 Rn 460.
[94] BGH AGS 2003, 561 = NJW-RR 2003, 1581.
[95] OLG Düsseldorf OLGR 1999, 298; OLG Zweibrücken JurBüro 1999, 160; AG Heilbronn RVGprof. 2007, 63.

b) Gesamtschuldner

 

Rz. 183

Zu beachten ist § 788 Abs. 1 S. 3 ZPO: Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung als Gesamtschuldner. Jeder Schuldner haftet also nicht nur für die durch eine gegen ihn gerichtete Vollstreckung anfallenden Kosten, sondern auch für die Kosten, die bei der Vollstreckung gegen einen anderen Gesamtschuldner anfallen.

 

Beispiel 120: Vollstreckungsauftrag mit Vollstreckungserinnerung

Der Gläubiger hat einen Räumungstitel gegen zwei nichteheliche Lebenspartner erwirkt und lässt hiernach durch seinen Anwalt die Räumungsvollstreckung androhen. Die Frau zieht aus, der Mann verbleibt in der Wohnung, sodass gegen ihn die Räumungsvollstreckung mit erheblichen Kosten durchgeführt werden muss.

Die Frau haftet nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht nur für die 0,3-Verfahrensgebühr, die durch die ihr gegenüber ausgesprochene Vollstreckungsandrohung angefallen ist, sondern nach § 788 Abs. 1 S. 3 ZPO auch für die gegenüber dem Mann angefallene 0,3-Verfahrensgebühr sowie die gesamten Kosten der Räumung.

c) Erstattungsfähigkeit bei späterer Abänderung des Titels

 

Rz. 184

Wird ein Vollstreckungstitel, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben worden ist, durch eine spätere Entscheidung abgeändert oder durch einen Prozessvergleich ersetzt, kann der Gläubiger grundsätzlich die Erstattung der Vollstreckungskosten in der Höhe verlangen, in der sie angefallen wären, wenn er von vornherein die Vollstreckung auf den letztlich titulierten Betrag beschränkt hätte.[96]

 

Beispiel 121: Erstattungsfähige Vollstreckungskosten nach Abänderung des Titels durch Rechtsmittelgericht

Der Beklagte wird zur Zahlung von 3.000,00 EUR verurteilt. Der Kläger leitet daraufhin die Zwangsvollstreckung ein, wodurch folgende Anwaltskosten entstehen:

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   66,60 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   13,32 EUR
  Zwischensumme 79,92 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   15,18 EUR
Gesamt   95,10 EUR

Im Berufungsverfahren wird das Urteil dahingehend abgeändert, dass der Beklagte lediglich 1.860,00 EUR zu zahlen hatte.

Die angefallenen Vollstreckungskosten aus 3.000,00 EUR sind in dieser H...

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