Rz. 29

Bevor den Kaufinteressenten ein vertiefter Einblick in die Interna des Targets eingeräumt wird und sie ggf. auch Einblick in Geschäfts- bzw. Betriebsgeheimnisse erhalten, ist unbedingt der Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung erforderlich. Denn aus der Sicht des Verkäufers besteht das erhebliche Risiko, dass die anstehende Due Diligence allein zur Informationsbeschaffung genutzt wird und gar kein echtes Kaufinteresse bzw. eine Kaufabsicht besteht. Dieses Risiko ist umso höher, je sensibler die Informationen sind, die offenbart werden bzw. offenbart werden müssen. Sofern im Informationsmemorandum bereits Ross und Reiter genannt werden und dieses nicht in anonymisierter Form ausgehändigt wird, sollte aus Sicht des Verkäufers bereits vor Aushändigung des Memorandums eine (strafbewehrte) Vertraulichkeitsvereinbarung abgeschlossen werden.

 

Rz. 30

Private Equity Firmen haben die Tendenz, dass die vertraulichen Informationen der kompletten Fondsstruktur zur Verfügung gestellt werden "dürfen". In den ersten Phasen der Transaktion ist dies typischerweise nicht notwendig, so dass für eine Einbeziehung diverser Firmen und Banken eigentlich kein Raum ist. Es lohnt sich hier hart zu bleiben, um den Kreis der Empfänger möglichst klein zu halten. Die Gefahr, dass der Blick in den Datenraum nur der Informationsbeschaffung dient, ist im Bereich von Private Equity Firmen bzw. deren Portfoliogesellschaften jedenfalls nicht kleiner als im Branchenschnitt.

 

Rz. 31

Durch Vertraulichkeitsvereinbarungen (auch Non-Disclosure Agreement, NDA) versucht man, sicherzustellen, dass der Erwerbsinteressent die erhaltenen Informationen nicht missbräuchlich verwendet.

 

Rz. 32

Typischerweise ist Gegenstand der Vertraulichkeit nicht nur der Inhalt der offengelegten Unternehmensinformationen, sondern auch die Tatsache, dass überhaupt Verkaufsverhandlungen geführt werden. Denn ein zu frühes Bekanntwerden einer Verkaufs- bzw. Erwerbsabsicht kann für alle Beteiligten nachteilige Folgen haben. So kann das Geschäftsumfeld insbesondere des Targets-Unternehmens durch Verkaufsgerüchte massiv verunsichert werden. Teilweise wird von der Veräußerungsbereitschaft auf eine wirtschaftliche Krise des Unternehmens bzw. seiner Eigentümer geschlossen. Mitbewerber könnten sich ggf. frühzeitig auf die sich verändernde Situation einstellen, was unter Umständen auch für die Handlungsoptionen eines potentiellen Erwerbers nachteilig sein kann.

Vertraulichkeitsvereinbarungen sollten sich grundsätzlich mit den nachfolgenden Regelungsinhalten auseinandersetzen.

1. Geheimhaltungspflicht

 

Rz. 33

Wie die Bezeichnung als Vertraulichkeitsvereinbarung bereits deutlich macht, ist einer der wesentlichen Kernpunkte das Einvernehmen darüber, dass die im Rahmen der Verhandlungen offenbarten Informationen sowie in der Regel auch der Umstand, dass überhaupt Verhandlungen stattfinden, geheim zu halten ist. Dabei sollte insbesondere auch definiert werden, was überhaupt unter "vertraulicher Information" im Sinne der Vereinbarung zu verstehen ist. Dies erfolgt oftmals dadurch, dass zunächst sämtliche vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Informationen als vertraulich klassifiziert werden und anschließend ein Katalog von Ausnahmen geregelt wird, unter welchen Voraussetzungen eine Information nicht als vertraulich gilt. Von diesem Katalog erfasst werden regelmäßig solche Informationen, die allgemein zugänglich sind, also bereits vom Unternehmer oder von dritter Seite veröffentlicht wurden.

2. Verwendungszweck

 

Rz. 34

Des Weiteren verpflichtet sich der Erwerbsinteressent in der Regel dazu, die ihm zugänglich gemachten Informationen ausschließlich zum Zwecke der Prüfung des Unternehmenserwerbs bzw. der Transaktion zu verwenden. Eine Verwendung für andere Zwecke, z.B. im eigenen Unternehmen, wird dabei grundsätzlich ausgeschlossen.

Dies schließt natürlich auch die Ansprache von Kunden des Targets-Unternehmens grundsätzlich mit ein. Gleichwohl gibt es diesbezüglich in letzter Zeit auch dezidierte Regelungen zur "Nicht-Ansprache" von (teilweise bestimmten) Kunden. Da ein Schaden des Targets-Unternehmens und eine Kausalität der Beauftragung des Interessenten durch den Kunden nur schwer zu beweisen sein wird, bietet sich insoweit eine Beweislastumkehr an, d.h. der Erwerbsinteressent muss beweisen, dass der Auftrag auch ohne die Kenntnisse aus der Due Diligence zu Stande gekommen wäre. In bestimmten Branchen könnten solche Regelungen auch gegen Kartellrecht verstoßen, so dass auf jeden Fall eine vorherige Abstimmung mit einem spezialisierten Anwalt erfolgen sollte.

3. Weitergabe an Dritte

 

Rz. 35

Die vertrauliche Behandlung der Informationen umfasst selbstverständlich auch ein Verbot der Weitergabe an Dritte. In diesem Zusammenhang ist auch zu regeln, wer auf Seiten des Erwerbsinteressenten bzw. seiner Berater überhaupt Zugang zu den Informationen erhalten darf. Regelmäßig wird hierbei in der Weise vorgegangen, dass dem Erwerbsinteressenten die Pflicht auferlegt wird, sämtliche seiner Berater, seien sie nun Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Unternehmensberater...

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