Rz. 51

Nach § 158 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch auf das Arbeitslosengeld bis zu einem Jahr, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der für den Arbeitgeber maßgeblichen ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Frist vorzeitig beendet worden ist und der Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Entlassungsentschädigung erhalten oder zu beanspruchen hat. Überschneidet sich ein Ruhenszeitraum nach § 158 SGB III mit einem Ruhenszeitraum nach § 159 SGB III, führt dies nicht zu einer Addition der Ruhenszeiträume, da diese kalendermäßig ablaufen. Soweit sie zeitlich deckungsgleich sind, wirken sie sich faktisch nur einmal aus.[104] Zu beachten ist insoweit jedoch, dass der Ruhenszeitraum nach § 158 SGB III – anders als der Ruhenszeitraum nach § 159 SGB III – aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts stets erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses beginnt.

[104] ErfK/Rolfs, § 158 SGB III Rn 17; BeckOGK/Bender, § 158 SGB III Rn 31.

1. Entlassungsentschädigung

 

Rz. 52

Als Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung i.S.d. § 158 Abs. 1 S. 1 SGB III sind alle Geld- oder Sachbezüge anzusehen, die der Arbeitgeber für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen dessen Auflösung zahlt und zwar unabhängig von ihrem Rechtsgrund und ihrer Bezeichnung (z.B. Abfindungen nach § 9 KSchG, Leistungen für betriebliche Altersversorgung oder Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers nach § 628 Abs. 2 BGB).[105] Zwischen der Beendigung und der Zahlung muss lediglich ein Kausalzusammenhang bestehen, der anzunehmen ist, wenn der Arbeitnehmer die Leistung ohne die Auflösung nicht erhalten hätte. Auf die vorzeitige Beendigung kommt es für die Kausalität hingegen nicht an. Unerheblich ist also, ob die Abfindung auch bei Einhaltung der Kündigungsfrist gezahlt worden wäre.[106]

 

Rz. 53

Nicht zu der Entlassungsentschädigung zu zählen sind solche Ansprüche, die vor oder nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verdient worden sind und die nur anlässlich der Auflösung erfüllt werden, wie z.B. Betriebszugehörigkeitsprämien, Urlaubsabgeltungen (siehe hierzu Rdn 64) oder Karenzentschädigungen.[107] Nach § 158 Abs. 1 S. 6 und 7 SGB III bleiben auch solche Leistungen unberücksichtigt, die der Arbeitgeber zur Aufstockung des Rentenanspruchs nach § 187a SGB VI aufwendet, um die wegen vorzeitiger Inanspruchnahme geminderte Rente auszugleichen.

[105] Vgl. ErfK/Rolfs, § 158 SGB III Rn 3; Brand/Düe, § 158 Rn 7 f.
[106] BSG v. 21.9.1995, AP Nr. 13 zu § 117 AFG = NZA-RR 1996, 308.
[107] Vgl. BeckOGK/Bender, § 158 SGB III Rn 34–37; ErfK/Rolfs, § 158 SGB III Rn 10. Zur Urlaubsabgeltung siehe § 157 Abs. 2 SGB III.

2. Maßgebliche Kündigungsfrist

 

Rz. 54

Die Entlassungsentschädigung führt nur dann zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen Zeitpunkt vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers vereinbart wurde. § 158 SGB III fingiert, dass bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Entlassungsentschädigung auch das Arbeitsentgelt bis zum regulären Ablauf der Kündigungsfrist enthält.[108] Der Anspruch ruht aber selbst dann, wenn dem Arbeitnehmer (etwa wegen anhaltender Arbeitsunfähigkeit) kein Anspruch auf Arbeitsentgelt mehr zugestanden hätte.[109] Allein entscheidend ist grundsätzlich die für den Arbeitgeber maßgebliche Kündigungsfrist, welche sich aus Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder Gesetz ergeben kann. Entscheidend ist die objektive Rechtslage. Ein Irrtum der Parteien über die Kündigungsfrist ist daher unbeachtlich.[110]

 

Rz. 55

Eine Ausnahme von der für den Arbeitgeber maßgeblichen ordentlichen Kündigungsfrist gilt für die Fälle, in denen der Kündigung ein Betriebsübergang vorausging. Hier ist auf die für den Betriebsveräußerer maßgebliche Kündigungsfrist abzustellen.[111] In § 158 Abs. 1 S. 3 SGB III sind darüber hinaus vier Sonderregelungen für besonders geschützte Arbeitnehmergruppen enthalten. Ist die ordentliche Kündigung zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen, etwa wegen Erreichens einer Altersgrenze, gilt nach § 158 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 SGB III eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten. Ist die ordentliche Kündigung zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen, aber eine ausnahmsweise fristgebundene außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund möglich, gilt nach § 158 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Alt. 2 SGB III als fiktive Kündigungsfrist die Frist, die für die ordentliche Kündigung maßgebend gewesen wäre. Ist die ordentliche Kündigung zeitlich begrenzt ausgeschlossen, z.B. bei Schwangeren (§ 9 MuSchG), Schwerbehinderten (§ 85 SGB IX) oder Betriebsräten (§ 15 KSchG), gilt nach § 158 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Alt. 1 SGB III ebenfalls die an sich geltende ordentliche Kündigungsfrist als fiktive Kündigungsfrist. Kann dem Arbeitnehmer nur gegen Zahlung einer Entlassungsentschädigung ordentlich gekündigt werden, beträgt die fiktive Kündigungsfrist gemäß § 158 Abs. 1 S. 4 SGB III zwölf Monate. Damit werden die Fälle erfasst, in denen die ordentliche Kündigung vertraglich oder tarifvertraglich für den Arbeitgeber ausg...

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