Rz. 115

Grundsätzlich hat die Kapitalgesellschaft die im Rahmen der Spaltung auf andere Kapitalgesellschaften übergehenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter – einschließlich nicht entgeltlich erworbener und selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter – in ihrer steuerlichen Schlussbilanz mit dem gemeinen Wert (= Zeitwert) anzusetzen.[89] Die hierbei aufgedeckten stillen Reserven unterliegen bei der übertragenen Kapitalgesellschaft der Körperschaft- und Gewerbesteuer.

 

Rz. 116

Um die Möglichkeit zu eröffnen, die im Rahmen der Spaltung übergehenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der Kapitalgesellschaft mit ihren Buchwerten anzusetzen (Wahlrecht), müssen die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:[90]

allgemeine Tatbestandsmerkmale[91]
ergänzende Teilbetriebserfordernisse[92]
keine Missbrauchstatbestände.[93]

Sofern die o.g. Bedingungen erfüllt sind, können Abspaltungen buchwertfortführend und damit steuerneutral durchgeführt werden.

 

Rz. 117

Der entsprechende formlose Antrag auf Buchwertansatz ist bei dem für die übertragende Kapitalgesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen.[94] Dies muss spätestens bis zur Abgabe der steuerlichen Übertragungsbilanz der Kapitalgesellschaft erfolgen.

 

Rz. 118

Das Wahlrecht zur Bilanzierung in der Steuerbilanz kann abweichend von der Handelsbilanz ausgeübt werden.

Verfügt die übertragende Kapitalgesellschaft über gewerbe- und körperschaftsteuerliche Verlustvorträge, gehen diese im Verhältnis des abgespaltenen Vermögens verloren, d.h. sie gehen nicht auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über.

[89] Schöneberger/Bultmann, in: Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, § 20 Rn 36, § 3 Abs. 1 S. 2 UmwStG sieht für Pensionsrückstellungen eine Bewertung nach den Vorschriften des § 6a EStG vor.
[90] Das Wahlrecht kann auch dahingehend ausgeübt werden, dass die aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz mit einem mit einem Zwischenwert (zwischen gemeinem Wert und Buchwert) angesetzt werden. Die Aufstockungsbeträge unterliegen der Körperschaft- und Gewerbesteuer.

1. Allgemeine Tatbestandsmerkmale

 

Rz. 119

Die allgemeinen Voraussetzungen entsprechen denen für die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften:

Bei der übernehmenden Kapitalgesellschaft muss das übernommene Vermögen der Körperschaftsteuer unterliegen.
Das deutsche Besteuerungsrecht des Gewinns aus einer künftigen Veräußerung des übertragenen Betriebsvermögens durch die Kapitalgesellschaft darf nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden (d.h. der Veräußerungsgewinn unterliegt der deutschen Körperschaftsteuer).
Für die Übertragung der Wirtschaftsgüter darf keine Gegenleistung gewährt werden, die nicht in Gesellschaftsanteilen besteht.

Die vorgenannten Tatbestandsmerkmale sollten bei einer reinen Inlandsabspaltung ohne Auslandsbezug stets erfüllt sein.

2. Ergänzende Teilbetriebserfordernisse

 

Rz. 120

Im Fall der Abspaltung muss sowohl auf die übernehmende Kapitalgesellschaft ein Teilbetrieb übergehen als auch bei der übertragenden Kapitalgesellschaft ein Teilbetrieb verbleiben.

 

Rz. 121

Unter einem Teilbetrieb versteht man die Gesamtheit der in einem Unternehmensteil einer Gesellschaft vorhandenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter, die in organisatorischer Hinsicht einen selbstständigen Betrieb, d.h. eine aus eigenen Mitteln funktionsfähige Einheit, darstellen.[95] Zu dem Teilbetrieb gehören alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen sowie diesem Teilbetrieb nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren Wirtschaftsgüter.

 

Rz. 122

Als fiktive Teilbetriebe gelten stets der Mitunternehmeranteil, der Teil eines Mitunternehmeranteils (mit dem jeweiligen Sonderbetriebsvermögen) sowie die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die das gesamte – 100 %ige – gezeichnete Kapital umfasst. Bei den vorgenannten Anteilen handelt es sich jedoch dann nicht um fiktive Teilbetriebe, wenn diese selbst funktional wesentliche Betriebsgrundlagen eines Teilbetriebs sind.

 

Rz. 123

Um eine steuerneutrale Abspaltung zu gewährleisten, müssen sämtliche funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen sowie die nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren Wirtschaftsgüter des Teilbetriebs übertragen werden. Gemeinsam genutzte wesentliche Betriebsgrundlagen (z.B. Immobilien) können somit zum Spaltungshindernis werden.[96] Um in solchen Fällen eine Übertragung zu ermöglichen, bietet sich die zivilrechtliche Trennung durch die Begründung von Teileigentum an.[97]

 

Rz. 124

Betriebsvermögen – bei dem es sich nicht um funktional wesentliche Betriebsgrundlagen sowie nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren Wirtschaftsgüter handelt – kann jedem Teilbetrieb (ausgenommen fiktiven Teilbetrieben) zugeordnet werden.

 

Rz. 125

Ergänzend ist anzumerken, dass neben den Teilbetrieben – dies gilt für den übertragenen und verbleibenden – keine weiteren wertvollen nicht betriebsnotwendigen Wirtschaftsgüter (...

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