Rz. 108

In der Rspr. war bis 31.12.2020 umstritten, wie zu verfahren ist, wenn in verschiedenen Angelegenheiten Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 VV RVG entstanden sind und diese Angelegenheiten dann in ein einheitliches gerichtliches Verfahren und damit in nur eine gebührenrechtliche Angelegenheit münden, in der nur eine einzige Verfahrensgebühr entsteht.

Nach der Rspr. des BGH[134] waren in diesen Fällen alle angefallenen Geschäftsgebühren nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte bzw. je höchstens mit 0,75 auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Das hat zur Folge, dass in den Fällen, in denen die Summe der anzurechnenden Beträge die Höhe der Verfahrensgebühr erreicht oder übersteigt, im gerichtlichen Verfahren wirtschaftlich gesehen keine Verfahrensgebühr mehr verbleibt. Nach der Gegenauffassung war die Anrechnung in diesen Fällen in analoger Anwendung von § 15 Abs. 3 RVG beschränkt auf einen nach dem höchsten Anrechnungssatz aus dem Gesamtwert berechneten Betrag.[135]

Das KostRÄG 2021[136] regelt diese Anrechnungsproblematik seit dem 1.1.2021 in § 15a Abs. 2 RVG im Sinne der Gegenauffassung[137] ausdrücklich:

Sind mehrere Gebühren teilweise auf dieselbe Gebühr anzurechnen, so ist der anzurechnende Betrag für jede anzurechnende Gebühr gesondert zu ermitteln. Bei Wertgebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung jedoch denjenigen Anrechnungsbetrag nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn eine Gebühr anzurechnen wäre, die sich aus dem Gesamtbetrag der betroffenen Wertteile nach dem höchsten für die Anrechnungen einschlägigen Gebührensatz berechnet. Bei Betragsrahmengebühren darf der Gesamtbetrag der Anrechnung den für die Anrechnung bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigen.

[134] BGH NJW 2017, 1821 = RVGreport 2017, 220 = AGS 2017, 170.
[135] OVG Nordrhein-Westfalen AGS 2017, 497 = AnwBl 2017, 1006 = NJW-Spezial 2017, 540 = RVGreport 2017, 38; OLG Koblenz AGS 2009, 167.
[136] Gesetz zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (Kostenrechtsänderungsgesetz 2021) vom 21.12.2020 (BGBl I 2020, S. 3229).
[137] OVG Nordrhein-Westfalen AGS 2017, 497 = AnwBl 2017, 1006 = NJW-Spezial 2017, 540 = RVGreport 2017, 38.

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