Rz. 164

Unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Grundsatz der Nachlasseinheit, dann ist die Bezifferung anhand der jeweils einschlägigen Rechtsnorm vorzunehmen. Bei echten Noterben können diese Quoten sogar in einem deutschen Erbschein mit aufgeführt werden.[370] Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs richtet sich dann nach der jeweils ausländischen Rechtsordnung.

 

Rz. 165

Komplizierter wird die Berechnung des Pflichtteils im Falle einer Nachlassspaltung. Wie bereits dargestellt, existieren in solch einem Fall mehrere Nachlassmassen, welche streng genommen unabhängig nebeneinander existieren. Da sich das Pflichtteilsrecht nach dem Erbstatut richtet, muss also für jeden Spaltnachlass das Pflichtteils- oder Noterbenrecht ermittelt und beziffert werden. Gleiches gilt freilich für den Kreis der zum Pflichtteil berufenen Personen. In der Praxis hat dies in der Vergangenheit zu teilweise recht kuriosen Ergebnissen geführt. So war ein enterbter Sohn beispielsweise in Frankreich Pflichterbe der Immobilie, wohingegen er für den übrigen Nachlass enterbt war. Da vor Einführung der EuErbVO Belegenheitsrechte als Einzelstatut über Art. 3a EGBGB a.F. beachtet wurden, entstand diese Situation in internationalen Fragestellungen nicht selten. Diese Ergebnisse werden nunmehr mit der EuErbVO weitestgehend vermieden. Die allgemeine Kollisionsvorschrift in Art. 21 Abs. 1 EuErbVO geht vom Grundsatz der Nachlasseinheit aus, sodass zumindest im Unionsgebiet Spaltnachlässe und damit auch unterschiedliche, jedoch nebeneinander bestehende, Pflichtteilsreche vermieden werden.

 

Rz. 166

Die Teilnachlässe sind nach den entsprechenden Rechtsordnungen zu bilden.[371] Dies kann, insbesondere bei Erbfällen vor Einführung der EuErbVO, zu den unterschiedlichsten Ergebnissen und Konstellationen führen. So kann es beispielsweise sein, dass ein testamentarisch enterbter Abkömmling nach dem Belegenheitsrecht (lex rei sitae) eines Landes Noterbe wird und dadurch wieder Miteigentümer der im Ausland belegenen Immobilie, gleichzeitig in Deutschland (bzw. für das bewegliche und in Deutschland unbewegliche Vermögen) aber nur einen Wertersatzanspruch erhält.

[370] Hausmann/Trabucchi, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, Italien, Grdz. H Rn 506.
[371] Kerscher/Riedel/Lenz, Pflichtteilsrecht, § 18 Rn 3 ff.

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