Rz. 62

Wird die in Art. 25 Abs. 1 EGBGB a.F. ausgesprochene Verweisung auf das Heimatrecht des Erblassers nicht angenommen, so ist zu prüfen, welchen Anknüpfungspunkt zur Bestimmung des Erbstatuts das jeweilige ausländische internationale Privatrecht vorsieht. Zu einer Rückverweisung (renvoi) kann es kommen, wenn die einschlägige ausländische Kollisionsnorm andere Anknüpfungskriterien als die Staatsangehörigkeit des Erblassers vorsieht.[137] Möglich sind in solch einem Fall:

die Rückverweisung,
die volle Rückverweisung,
die teilweise Rückverweisung auf das deutsche Recht sowie
eine unterschiedliche Behandlung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen (gespaltene Rückverweisung), also eine Nachlassspaltung.
[137] Vgl. hierzu auch Hertel, in Würzburger Notarhandbuch, Teil 7, Kap 1 Rn 67.

a) Rückverweisung (renvoi)

 

Rz. 63

Zu einer Rückverweisung kommt es, wenn das Heimatrecht des Erblassers auf das deutsche Recht zurückverweist. Eine solche Verweisung ist gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB als Sachnormverweisung auf das deutsche materielle Erbrecht zu verstehen.[138] Unerheblich ist es dabei, wie das Heimatrecht des Erblassers die Verweisung versteht.[139]

[138] RGZ 136, 361.
[139] MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn 85 (2015).

b) Volle Rückverweisung

 

Rz. 64

Unter einer sogenannten vollen Rückverweisung versteht man, dass das Heimatrecht des Erblassers zur Bestimmung des Erbstatuts überhaupt nicht auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers abstellt, sondern einzig und allein auf das Recht am letzten Wohnsitz bzw. dem Domizil des Erblassers. Das Heimatrecht des Erblassers muss also die gesamte Erbfolge dem Recht überlassen, an welchem der Erblasser zum Todeszeitpunkt seinen letzten Wohnsitz (Domizil) hatte.[140]

[140] PalandtThorn, Art 25 EGBGB Rn 2 (2015).

c) Teilweise Rückverweisung

 

Rz. 65

In der Praxis recht häufig anzutreffen war die teilweise Rückverweisung. Diese erfolgte, wenn für das bewegliche und unbewegliche Vermögen unterschiedliche Regelungen im Heimatrecht des Erblassers getroffen worden sind. Während das unbewegliche Vermögen zum Beispiel dem Grundsatz der lex rei sitae unterworfen wird, also dem Belegenheitsrecht der Sache, wurde nach alter Rechtslage betreffend des beweglichen Vermögens auf das Heimatrecht des Erblassers abgestellt.[141]

[141] MüKo/Birk, Art. 25 EGBGB Rn 89 (2015).

d) Weiterverweisung

 

Rz. 66

Verweist die Kollisionsnorm des Heimatrechts des Erblassers auf das Recht eines dritten Staates weiter, so ist eine solche Weiterverweisung aus deutscher Sicht zu befolgen. Verweist nunmehr auch der Drittstaat wiederum, so ist es fraglich, ob man an dieser Stelle die Prüfung nicht abbrechen sollte. Somit käme dann das Heimatrecht des Drittlandes zur Anwendung.[142] Zu einer solchen Weiterverweisung kann es beispielsweise kommen, wenn das Heimatrecht des Erblassers an den letzten Wohnsitz anknüpft und dieser in einem Drittstaat lag.[143]

[142] Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn 677 (2007). Kritisch hierzu LG Frankfurt am Main IPRspr. 1997, 234.
[143] Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn 678 (2007); Zimmermann/Grau, Praxiskommentar Erbrechtliche Nebengesetze (2013), Art. 25 EGBGB Rn 37–39.

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