Rz. 242

Gesondert ist nach § 200 Abs. 4 BewG auch das sogenannte junge Betriebsvermögen[347] zu bewerten. Dabei handelt es sich um solche Wirtschaftsgüter und Schulden, die innerhalb von zwei Jahren vor dem Bewertungsstichtag eingelegt wurden, am Bewertungsstichtag "ihrem Wert nach" noch vorhanden sind und nicht wieder entnommen oder ausgeschüttet wurden.[348] Die Anschaffung von Wirtschaftsgütern mit betrieblichen Mitteln (oder auch fremdfinanziert) fällt jedoch – als bloßer Aktiv- oder Aktiv/Passiv-Tausch – nicht unter § 200 Abs. 4 BewG. Denn derartigen Vorgängen liegt keine Einlage im Sinne der Vorschrift zu Grunde.[349] Die Regelung zum jungen Betriebsvermögen ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht im Ergebnis kaum zu rechtfertigen. Schließlich geht es in § 200 Abs. 4 BewG ausschließlich um betriebsnotwendiges Vermögen, also solche Gegenstände, die zur Erwirtschaftung des der Kapitalisierung zugrunde zu legenden Ertrages – mehr oder weniger unabdingbar – benötigt werden. Bereits die oben angesprochene Bereinigung der Betriebsergebnisse um Aufwendungen und Erträge im Zusammenhang mit diesen "jungen" Betriebsvermögen dürfte sich in der Praxis als äußerst problematisch erweisen. Dem Gedanken des Gesetzgebers, durch diese Regelung Missbrauchsmöglichkeiten von vornherein abzuschneiden,[350] wird hier – sehenden Auges – die grundlegende Systematik einer ertragswertbezogenen Unternehmenswertung geopfert. Selbstverständlich ist zuzugeben, dass beispielsweise eine vollständige Modernisierung des Anlagevermögens einer Unternehmung erheblichen Einfluss auf dessen am Markt zu realisierenden Wert hat, auch wenn die Ertragskraft unmittelbar nach Vornahme der Investitionen, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierungskosten und höhere Abschreibungen, regelmäßig zunächst sinkt. Ein Ausgleich hierfür wird aber normalerweise durch Anpassungen beim Kapitalisierungszinssatz erreicht, nicht dadurch, dass man die Investitionsgegenstände – lebensfremd – gesondert bewertet.

 

Rz. 243

 
Jahr   1 2 3
Gewinn i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG (§ 202 Abs. 1 BewG)        
+ Investitionsabzugsbeträge, Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen, Bewertungsabschläge, Zuführungen zu steuerfreien Rücklagen und Teilwertabschreibungen        
+ Absetzungen auf den Geschäfts- oder Firmenwert oder auf firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter        
+ Einmalige Veräußerungsverluste sowie außerordentliche Aufwendungen        
+ Im Gewinn nicht enthaltene Investitionszulagen, soweit in Zukunft mit weiteren zulagenbegünstigten Investitionen in gleichem Umfang gerechnet werden kann        
+ Ertragsteueraufwand (Körperschaftsteuer, Zuschlagsteuern und Gewerbesteuern)        
+ Aufwendungen, die im Zusammenhang stehen mit Vermögen i.S.d. § 200 Abs. 2 und 4 BewG, und übernommene Verluste aus Beteiligungen i.S.d. § 200 Abs. 2 bis 4 BewG        
Zwischensumme (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 BewG)        
./. Gewinnerhöhende Auflösungsbeträge steuerfreier Rücklagen sowie Teilwertzuschreibungen, Wertaufholungsgebot (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 und Nr. 2 S. 3 EStG)        
./. Einmalige Veräußerungsgewinne sowie außerordentliche Erträge        
./. Im Gewinn enthaltene Investitionszulagen, soweit in Zukunft nicht mit weiteren zulagebegünstigten Investitionen in gleichem Umfang gerechnet werden kann        
./. Angemessener Unternehmerlohn und fiktiver Lohnaufwand für tätige Familienangehörige, soweit bisher nicht berücksichtigt        
./. Erträge aus der Erstattung von Ertragsteuern (Körperschaftsteuer, Zuschlagsteuern und Gewerbesteuer)        
./. Erträge, die im Zusammenhang stehen mit Vermögen i.S.d. § 200 Abs. 24 BewG        
Zwischensumme (§ 202 Abs. 1 Nr. 2 BewG)        
+/./. sonstige wirtschaftlich nicht begründete Vermögensminderungen oder -erhöhungen mit Einfluss auf den zukünftig nachhaltig zu erzielenden Jahresertrag und mit gesellschaftsrechtlichen Bezügen, soweit nicht bereits berücksichtigt, § 202 Abs. 1 Nr. 3 BewG        
Betriebsergebnis vor Ertragsteueraufwand        
Abgeltung Ertragsteueraufwand (pauschal 30 %, § 202 Abs. 3 BewG)        
Betriebsergebnis        
Summe 1 bis 3 (§ 201 Abs. 2 S. 1 und 2 BewG)        
dividiert durch 3 (§ 201 Abs. 2 S. 3 BewG)        
Durchschnittsertrag        
         
Kapitalisierungsfaktor (§ 203 BewG) 13,75      
         
Ertragswert (vorläufig)        
Gesonderter Ansatz mit dem gemeinen Wert        
+ gemeiner Wert nicht betriebsnotwendiges Vermögen, § 200 Abs. 2 BewG        
./. Schulden auf nicht betriebsnotwendiges Vermögen, § 200 Abs. 2 BewG        
+ gemeiner Wert von Beteiligungen, § 200 Abs. 3 BewG        
+ gemeiner Wert von binnen zwei Jahren eingelegtem betriebsnotwendigem Vermögen, § 200 Abs. 4 BewG        
./. Schulden auf binnen zwei Jahren eingelegtem betriebsnotwendigem Vermögen, § 200 Abs. 4 BewG        
Gemeiner Wert        
[347] Bei nichtbetriebsnotwendigem Vermögen erfolgt die gesonderte Berücksichtigung bereits nach § 200 Abs. 2 BewG.
[348] R B 200 Abs. 5 S. 1 letzter Hs. ErbStR 2019.
[349] R B 200 Abs...

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