Rz. 5

Mit Beschl. v. 7.11.2006 hatte das BVerfG das bis zum 31.12.2008 geltende Erbschaftsteuerrecht, vornehmlich aufgrund der unterschiedlichen Bewertungsansätze von Betriebs-, Grund- und Kapitalvermögen, für verfassungswidrig erklärt, da es nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren sei. Daraufhin trat am 1.1.2009 das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts in Kraft, das allerdings schon bald erneut auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand genommen wurde. Das daraufhin ergangene Urteil des BVerfG vom 27.11.2014[1] stellte zwar klar, dass das grundsätzliche Verschonungskonzept für Produktivvermögen mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nichtsdestotrotz war der Gesetzgeber erneut aufgerufen, im Detail nachzuarbeiten. Auch die jüngsten Änderungen des ErbStG durch das erst im November 2016 verabschiedete, aber mit Rückwirkung auf den 1.7.2016[2] in Kraft getretene "Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts"[3] (nachfolgend: ErbStG 2016) werfen eine Vielzahl neuer Fragen auf. Dies gilt insbesondere für die Detailregelungen in den neu gefassten §§ 13a ff. ErbStG.

Zuletzt wurde das ErbStG mit Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen und Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 geändert.

Am 11.10.2019 wurden schließlich die nun geltenden ErbStR 2019 verabschiedet.

Mit dem JStG 2020[4] wurden weitere einschneidende Änderungen im Bereich des Schuldenabzugs (§ 10 ErbSt) vorgenommen.

Aktuell sind im Rahmen des sog. Wachstumsbeschleunigungsgesetzes[5] kleinere Änderungen und die Ergänzung eines neuen § 2a ErbStG (mit Wirkung zum 1.1.2024) geplant.

 

Rz. 6

Die Erbschaftsteuer knüpft an die Übertragung von Vermögen (Erwerb von Todes wegen; Schenkung unter Lebenden) an, deswegen ist sie eine Verkehrsteuer. Sie ist jedoch nicht als Nachlasssteuer ausgestaltet, sondern als Erbanfallsteuer (die Bereicherung des Erwerbers wird besteuert). Da die Bereicherung des Erwerbers die Bemessungsgrundlage darstellt (unabhängig vom Ertrag dieses Vermögens), ist die Erbschaftsteuer eine Substanzsteuer. Die durch den unentgeltlichen Erwerb vermittelte Leistungsfähigkeit einer Person wird durch sie erfasst, und somit ist sie auch eine Personensteuer. Folglich unterliegt mehrfach vererbtes Vermögen auch mehrfach der Besteuerung.

 

Rz. 7

Das Verwandtschaftsverhältnis des Erwerbers zum Erblasser bzw. Schenker hat Einfluss auf die Steuerklasse, welche wiederum zum einen Bedeutung für den persönlichen Freibetrag und somit die Bemessungsgrundlage hat. Zum anderen bestimmt sich auch der Steuertarif nach der Steuerklasse und diese ist somit letztendlich für die Höhe der Steuerschuld von entscheidender Bedeutung.

[1] 1 BvL 21/12, DStR 2015, 31.
[2] Hinsichtlich der Anpassung des BewG sogar zum 1.1.2016, vgl. § 205 Abs. 11 BewG.
[3] BGBl I 2016, 1464.
[4] Art. 34 JStG 2020, gültig ab dem 29.12.2020.
[5] Regierungsentwurf, BR-Drucks. 433/23 – Stand 8.9.2023.

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