aa) Auflagen und Bedingungen

 

Rz. 64

Gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG gilt auch dasjenige als vom Erblasser zugewendet, was aufgrund der Vollziehung einer Auflage durch den Auflagenbegünstigten erworben wird.

 

Rz. 65

Der entscheidende Unterschied zwischen Auflage und Vermächtnis besteht – zivilrechtlich – darin, dass der Begünstigte einer Auflage keinen Anspruch gegen den Erben auf Leistung hat (§ 1940 BGB). Vor diesem Hintergrund knüpft auch die Besteuerung nicht am Erwerb irgendeines Leistungsanspruches an, sondern allein an der Auflagenerfüllung. Konsequenterweise entsteht die Steuer gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1d ErbStG erst mit der Vollziehung der Auflage.

bb) Abfindung für Ausschlagung

 

Rz. 66

Schlägt ein Erbe oder Vermächtnisnehmer das ihm Hinterlassene aus, führt dies dazu, dass eine Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht besteht. Erhält der Ausschlagende für seine Ausschlagung eine Abfindung, fällt auch dies nicht unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Mithin schließt § 3 Abs. 3 Nr. 4 ErbStG die hieraus (sonst) resultierende Besteuerungslücke, indem auch hinsichtlich der Abfindung ein Erwerb vom Erblasser fingiert wird. Dieselben Grundsätze gelten auch für die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag zugunsten Dritter sowie für die (gegen Abfindung erfolgenden) Zurückweisungen irgendwelcher anderer Erwerbe i.S.v. § 3 Abs. 1 ErbStG.

 

Rz. 67

Gem. § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG sind dieselben Regelungen auch anzuwenden, wenn ein bedingtes, betagtes oder befristetes Vermächtnis (das nicht mehr ausgeschlagen werden kann) vor Eintritt der Bedingung oder Betagung abgefunden wird.

cc) Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts

 

Rz. 68

Vor Eintritt des Nacherbfalls steht dem Nacherben ein sog. Nacherbenanwartschaftsrecht zu. Dieses ist – soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist – übertragbar bzw. veräußerbar. Die entgeltliche Übertragung bzw. Veräußerung des Nacherbenanwartschaftsrechts steht wirtschaftlich einer Realisierung des eigentlichen Erbanspruchs grundsätzlich gleich. Vor diesem Hintergrund normiert § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG, dass das für die Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts erhaltene Entgelt als Erwerb vom Erblasser anzusehen sein soll.

dd) Herausgabeanspruch nach §§ 2287, 2288 BGB

 

Rz. 69

Nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer auch, was ein Vertragserbe aufgrund beeinträchtigender Schenkung des Erblassers (§ 2287 BGB)[79] von dem Beschenkten nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung erlangt. Dasselbe gilt nunmehr auch für den Schlusserben eines gemeinschaftlichen Testaments sowie für den Vermächtnisnehmer, der wegen beeinträchtigender Schenkungen des Erblassers Regress verlangen kann. Bemessungsgrundlage ist dabei stets der Herausgabeanspruch, also was – theoretisch – herausverlangt werden kann, nicht der tatsächlich realisierte Wert.[80]

[79] Vgl. zum Schlusserben eines gemeinschaftlichen Testaments BFH v. 8.8.2000 – II R 40/98, BStBl II 2000, 587.
[80] Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 Rn 348.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge