Rz. 196

Anders als gewöhnliche Schadens-, Haftpflicht-, Kranken- und andere Risikoversicherungen, bei denen der Versicherungsnehmer bis zum Eintritt des Versicherungsfalles nur eine Art Anwartschaft besitzt, stellen kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen auch schon vor Eintritt des Versicherungsfalls einen realisierbaren Vermögenswert dar.[281] Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, derartige Versicherungsverträge unmittelbar beim Übergang des entsprechenden Vertragsverhältnisses – gleichgültig ob von Todes wegen oder durch lebzeitige Übertragung – steuerlich zu erfassen. Dies gilt umso mehr, wenn der wirtschaftliche Wert des Versicherungsvertrages in Form eines auszahlbaren Rückkaufswerts jederzeit realisiert werden kann.

 

Rz. 197

Da durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 die Wahlmöglichkeit für den Steuerpflichtigen, den Wert des Versicherungsanspruchs mit ⅔ der vor der Übertragung gezahlten Prämien anzusetzen, gestrichen wurde, richtet sich die Bewertung nunmehr einzig und allein nach dem Rückkaufswert. Rückkaufswert ist nach § 12 Abs. 4 S. 2 BewG der Betrag, den das Versicherungsunternehmen dem Versicherungsnehmer im Falle der vorzeitigen Aufhebung des Vertragsverhältnisses zu erstatten hat. Soweit gutgeschriebene Gewinnanteile im Rückkaufswert enthalten sind, brauchen sie nicht gesondert angesetzt zu werden. Sind sie dagegen im Rückkaufswert noch nicht berücksichtigt, werden sie als bis zum Eintritt des Versicherungsfalles befristete Kapitalforderungen erfasst.[282]

 

Rz. 198

Fällige Versicherungsansprüche sind wie andere Forderungen auch grundsätzlich nach § 12 Abs. 1 BewG mit ihrem jeweiligen Nennwert anzusetzen. Ist Gegenstand der Versicherung die Auszahlung einer Rente, richtet sich die Ermittlung deren Kapitalwerts nach den §§ 13 ff. BewG.

Steht eine Versicherungsleistung beim Tod eines Kindes dessen Eltern zu und haben diese zuvor selbst die Prämien für die Versicherung gezahlt, ist hinsichtlich des Rückkaufswerts der Versicherung (nicht der tatsächlichen Todesfallleistung) von einer Steuerfreiheit nach § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG auszugehen.[283]

[281] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 12 Rn 68.
[282] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 12 Rn 69.
[283] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 12 Rn 137.

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