Rz. 57

Als Erwerb von Todes wegen gilt gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch der Erwerb aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 ff. BGB), und zwar der Höhe nach begrenzt auf den Betrag, in dem der Anspruch geltend gemacht wird.[69] Geltend gemacht ist der Pflichtteil, wenn der Berechtigte eindeutig zu erkennen gibt (ausdrücklich oder konkludent), dass er aus seinem Pflichtteilsrecht tatsächlich Ansprüche herleiten will.[70] Er muss einen dementsprechenden Entschluss nach außen hin erkennbar machen.[71] Die Geltendmachung bloßer Auskunftsansprüche, selbst die Erhebung einer entsprechenden Auskunftsklage ist im Allgemeinen noch nicht als Geltendmachung anzusehen. Bei der Stufenklage steht die zunächst noch fehlende Bezifferung des Zahlungsanspruchs der "Geltendmachung" im steuerlichen Sinne nicht entgegen.[72] Wenn der Pflichtteilsberechtigte (von Anfang an) Zahlung begehrt, z.B. einen bezifferten Klageantrag stellt, ist an einer Geltendmachung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht zu zweifeln.[73]

 

Rz. 58

Bis zur Geltendmachung steht es dem Pflichtteilsberechtigten frei, den Anspruch weiterzuverfolgen oder ggf. auch auf ihn zu verzichten. Ein solcher Verzicht löst gem. § 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG keine Erbschaftsteuer aus. Erfolgt aber der Verzicht gegen Abfindung, führt dies zur Steuerpflicht nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG, und zwar unabhängig davon, ob die Abfindung vom durch den Verzicht begünstigten Erben oder von einem Dritten gezahlt wird.[74]

 

Rz. 59

Der Verzicht auf die Befriedigung eines bereits geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs ist in zweifacher Weise steuerrechtlich relevant. Zum einen besteht auf Seiten des Pflichtteilsberechtigten gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG Steuerpflicht, zum anderen handelt es sich bei dem Verzicht um eine freigebige Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, die ebenfalls eine (weitere) Steuerpflicht auslöst.[75]

[70] RFH RStBl. 1929, 515.
[71] RFH RStBl. 1936, 1131.
[72] BFH v. 19.7.2006 – II R 1/05, DStRE 2006, 1406; Gottschalk, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 Rn 226.
[73] Vgl. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 9 Rn 52.

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