Rz. 50

In der zivilrechtlichen Praxis sind im Wesentlichen zwei Arten der Zuwendung von Todes wegen anzutreffen, nämlich die Erbeinsetzung und die Vermächtnisanordnung. Werden Erbeinsetzung und Vermächtnisanordnung miteinander kombiniert, kann auch ein Vorausvermächtnis i.S.d. § 2150 BGB vorliegen. Will der Erblasser einzelnen Miterben bestimmte Vermögensgegenstände gegenständlich zuweisen, bietet ihm das Vorausvermächtnis hierzu das entsprechende Instrumentarium. Dasselbe Ziel lässt sich aber zumeist auch durch eine Teilungsanordnung erreichen.

 

Rz. 51

Daher können oftmals Zweifel bestehen, ob der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung die beabsichtigte gegenständliche Zuweisung durch Vorausvermächtnis oder durch Teilungsanordnung erreichen wollte. Die Unterscheidung der beiden Instrumente ist aber unter erbschaftsteuerrechtlichen Gesichtspunkten von erheblicher Bedeutung, da Teilungsanordnung und Vermächtnis (insbesondere Vorausvermächtnis) zu völlig unterschiedlichen steuerlichen Konsequenzen führen:

 

Rz. 52

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt der Erwerb durch Vermächtnis eigenständig als Erwerb von Todes wegen. Die Teilungsanordnung wird hingegen in § 3 ErbStG nicht genannt, sie ist erbschaftsteuerlich unbeachtlich.[67] Denn auch wenn die Teilungsanordnung im Ergebnis eine gegenständliche Zuweisung ererbten Vermögens bewirkt, beruht der Erwerb zivilrechtlich nicht etwa auf der Teilungsanordnung; er erfolgt vielmehr durch Erbanfall i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Umsetzung der Teilungsanordnung bildet quasi einen zweiten Schritt, der losgelöst vom Anfall der Erbschaft an die Erbengemeinschaft zu betrachten ist.

 

Rz. 53

Während eine Vermächtnislast vom Erben gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG von seinem steuerpflichtigen Erwerb von Todes wegen abgezogen werden kann, ist dies hinsichtlich der mit einer Teilungsanordnung eventuell verbundenen Verpflichtung nicht denkbar. Insoweit korrespondiert § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; etwas Vergleichbares hat der Gesetzgeber hinsichtlich der Teilungsanordnung nicht vorgesehen.

 

Rz. 54

Die dogmatisch äußerst bedeutsame Unterscheidung zwischen Teilungsanordnung und Vermächtnis hat allerdings durch die seinerzeitigen Neuregelungen im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2009 teilweise an Bedeutung verloren. Zum einen führte die Unbeachtlichkeit der Teilungsanordnung vor allem in solchen Konstellationen zu unbefriedigenden Ergebnissen, in denen Vermögensgegenstände, die unterschiedlichen Bewertungsregimen unterlagen, verschiedenen Miterben zugewiesen wurden. Derartige Fälle sind nunmehr durch den einheitlichen Verkehrswertansatz weitestgehend ausgeschlossen.

 

Rz. 55

Zum anderen waren auch die Konstellationen problematisch, in denen steuerliche Privilegierungen, insbesondere für Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Kapitalgesellschaftsanteile (§ 13a ErbStG a.F.) dem eigentlichen Unternehmensnachfolger teilweise verloren gingen. Dies wird nach aktuellem Recht durch §§ 13a Abs. 3, 13b Abs. 3 und 19a Abs. 2 ErbStG vermieden. Insoweit darf jedoch nicht übersehen werden, dass der Grundsatz der Unbeachtlichkeit der Erbauseinandersetzung und somit auch der Teilungsanordnung als solcher auch nach derzeitigem Recht nach wie vor gilt.[68] Denn die genannten Regelungen betreffen lediglich die Gewährung von Verschonungen für Produktivvermögen. Dieselben Grundsätze gelten auch im Rahmen von § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG (Vererbung eines Familienheims an Kinder).

 

Rz. 56

Vor diesem Hintergrund haben also nach wie vor im Falle der Teilungsordnung sämtliche Erben den auf sie entfallenden rechnerischen Anteil am Gesamtvermögenserwerb zu versteuern. Es empfiehlt sich daher nach wie vor, die beabsichtigte Testamentsgestaltung und die einzusetzenden Gestaltungsmittel (Teilungsanordnung, Vermächtnis) im Detail auf die steuerlichen Konsequenzen hin zu überprüfen. Gerade bei unternehmerischem Vermögen sowie einem zu vererbenden Familienheim ist insoweit erhöhte Vorsicht geboten.

[68] R E 3.1 Abs. 1 S. 3 ErbStR 2019.

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