Rz. 858

Die Ausnahmen von der Besteuerung nach § 3 GrEStG (insbesondere § 3 Nr. 2 und Nr. 6 GrEStG) sind auch auf Fälle der Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG)[1319] sowie in Anwachsungsfällen anwendbar.[1320] Dies gilt beispielsweise auch für folgenden Fall:

 

Beispiel

An der AB-GbR sind die Brüder A und B zu jeweils ½ beteiligt. Die GbR hält seit mehr als fünf Jahren ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 2 Mio. EUR A überträgt seine Beteiligung im Verkehrswert von 1 Mio. EUR an seinen Bruder bzw. Mitgesellschafter B. Als Gegenleistung hat B an A einen Betrag in Höhe von 500.000 EUR zu zahlen. Durch die Vereinigung beider GbR-Anteile in der Hand des B wird die GbR beendet, ihr Vermögen wächst bei B an.

Lösung

Der Vorgang unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Soweit die vermögensmäßige Beteiligung des B am Gesamthandsvermögen durch die Anwachsung auf B (als Einzelperson) übergeht, ist dieser Übergang nach § 6 Abs. 2 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen. Das betrifft im vorliegenden Fall 50 % des Grundstückswerts. Für den von A an B übertragenen Gesellschaftsanteil gilt die Befreiungsnorm des § 3 Nr. 2 GrEStG.[1321] Hierbei ist allerdings § 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG zu beachten. Es handelt sich um einen teilentgeltlichen Erwerb. Die von B zu erbringende Gegenleistung in Höhe von 500.000 EUR ist als Entgelt anzusehen. Der Schenkungsteuer unterliegt nur der unentgeltliche Teil der Anteilsübertragung (50 %). Somit ergibt sich eine Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer in Höhe von 500.000 EUR.

 

Rz. 859

Anders wäre die Situation, wenn es sich bei A und B nicht um Geschwister, sondern um Verwandte in gerader Linie handeln würde. Denn dann wäre § 3 Nr. 6 GrEStG anwendbar, der keinerlei Einschränkungen im Sinne von § 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG enthält. Gleiches würde auch für Anteilsübertragungen zwischen Ehegatten (§ 3 Nr. 4 GrEStG) gelten.

[1319] Nicht aber bei Vereinigung von Kapitalgesellschaftsanteilen (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG), vgl. Viskorf/Meßbacher-Hönsch, GrEStG, § 3 Rn 436.
[1321] Geschwister sind miteinander nicht in gerader Linie verwandt, so dass § 3 Nr. 6 GrEStG unanwendbar ist.

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