Rz. 738

Auch wenn § 1 GrEStG die grunderwerbsteuerlich relevanten Erwerbsvorgänge und Erwerbe definiert, soll vorab die Frage beantwortet werden, was überhaupt den Bezugspunkt dieser (ggf. steuerpflichtigen) Erwerbe bildet. Wie bereits der Name des Gesetzes verdeutlicht, geht es um den Erwerb von Grundstücken, und zwar gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 GrEStG vor allem Grundstücken im Sinne des bürgerlichen Rechts. Den Grundstücken gleichgestellt sind nach § 2 Abs. 2 GrEStG die Erbbaurechte, die Gebäude auf fremdem Grund und Boden sowie dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte im Sinne des § 15 WEG bzw. § 1010 BGB. Im Einzelnen gilt folgendes:

a) Grundstücke

 

Rz. 739

Grundsätzlich richtet sich die Definition des Grundstücksbegriffs nach den Vorschriften des BGB.[1128] Demzufolge ist auch der ideelle (unabgeteilte) Miteigentumsanteil als Grundstück anzusehen, soweit es um das Recht des Eigentümers an der Grundfläche und nicht um die Grundfläche selbst geht.[1129]

 

Rz. 740

Gemäß § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG sind Gegenstand der Grunderwerbsteuer nur solche Rechtsvorgänge, die sich auf inländische Grundstücke beziehen. Maßgeblich ist insoweit die Lage des Grundstücks innerhalb des Geltungsbereiches des GrEStG.[1130] Ob ein den Erwerb im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne auslösender Vertragsabschluss im Ausland oder im Inland stattfindet, spielt für die Steuerbarkeit keine Rolle, ebenso wenig die Nationalität von Veräußerer und/oder Erwerber.[1131]

 

Rz. 741

Nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts gehören zu einem Grundstück auch dessen Bestandteile im Sinne der §§ 93 bis 96 BGB, also insbesondere der Boden und dessen abhebbaren Bestandteile, z.B. Ton-, Kies- oder Sandvorkommen.[1132] Auch Gebäude sind – vorbehaltlich der Regelung des § 35 BGB – grundsätzlich wesentliche Bestandteile eines Grundstücks (§ 94 BGB). Entsprechendes gilt grundsätzlich auch im Fall des Bestehens eines Erbbaurechts.[1133] Nach § 94 Abs. 1 S. 1 BGB bilden auch die noch nicht getrennten Früchte und Erzeugnisse des Grundstücks einen zum Grundstück gehörenden Bestandteil; dies gilt beispielsweise für aufstehendes Holz.[1134] Schließlich gelten nach § 96 BGB auch Rechte, die mit dem Eigentum am Grundstück verbunden sind, als Bestandteile. Gemeint sind hier beispielsweise Grunddienstbarkeiten, die an das Eigentum an einem herrschenden Grundstück gebunden sind und daher einen Bestandteil dieses (herrschenden) Grundstücks bilden. Für das dienende Grundstück stellen sie jeweils eine dauernde Last dar.[1135]

 

Rz. 742

Nicht zu den Grundstücken im grunderwerbsteuerlichen Sinne gehören indes Scheinbestandteile, also z.B. Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden oder in ein dort errichtetes Gebäude eingefügt sind (§ 95 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB). Diese werden grundsätzlich als selbstständige bewegliche Sachen angesehen und unterliegen somit nicht der Grunderwerbsteuer. Beispiele für Scheinbestandteile sind Ausstellungsgebäude, Bauhütten etc.[1136] Gleiches gilt für Gebäude, die ein Mieter bzw. Pächter auf dem gemieteten Grundstück errichtet hat und die (nur) für die Dauer der Miet- bzw. Pachtzeit (also zu einem vorübergehenden Zweck) auf dem Grundstück verbleiben sollen. Anders stellt sich die Situation aber dar, wenn das Gebäude sowohl Zwecken des Mieters als auch (nach Beendigung des Nutzungsverhältnisses) des Vermieters dienen soll.[1137] Die Art und Weise der Bauausführung hat grundsätzlich für die Einordnung als Bestandteil oder Scheinbestandteil keine entscheidende Bedeutung. Ihr kommt lediglich eine Indizfunktion zu, wenn die massive Bauweise den Schluss rechtfertigt, dass das Bauwerk später dem Grundstückseigentümer zufallen soll (ein vorübergehender Zweck also praktisch ausscheidet).[1138]

[1129] Viskorf/Viskorf, GrEStG, § 2 Rn 11.
[1130] Viskorf/Viskorf, GrEStG, § 2 Rn 21.
[1131] Vgl. Viskorf/Viskorf, GrEStG, § 2 Rn 23 unter Hinweis auf RFH, RStBl 1928, 201.
[1133] Viskorf/Viskorf, GrEStG, § 2 Rn 26.
[1136] Viskorf/Viskorf, GrEStG, § 2 Rn 71.
[1137] BGH v. 12.7.1984 – IX ZR 124/83, NJW 1985, 789; BFH v. 27.3.1985 – II R 37/83, BStBl II 1985, 526.
[1138] Viskorf/Viskorf, GrEStG, § 2 Rn 72.

b) Erbbaurechte

 

Rz. 743

Den Grundstücken in grunderwerbsteuerrechtlicher Hinsicht gleichgestellt ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG das Erbbaurecht sowie auch das Untererbbaurecht.[1139] Das Erbbaurecht umfasst nicht nur die Berechtigung, das Grundstück während der Erbbauzeit zu nutzen sondern auch ein auf dem Erbbaugrundstück errichtetes Bauwerk (§ 95 Abs. 1 S. 2 BGB), das nach § 12 Abs. 1 S. 1 ErbbauRG als wesentlicher Bestandteil des Erbbaurecht...

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