Rz. 64

Auch im erstinstanzlichen Verfahren kommt eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr in Betracht.

 

Rz. 65

Die Höhe der Einigungs- oder Erledigungsgebühr beläuft sich nach Nr. 1003 VV auf 1,0. Zum Teil wurde zwar nach Inkrafttreten des RVG zunächst vertreten, dass die erhöhte Gebühr nach Nr. 1004 VV gelte.[18] Zur Begründung wurde ausgeführt, es handele sich zwar um ein erstinstanzliches Verfahren; es sei jedoch nicht einzusehen, dass sich Verfahrens- und Terminsgebühr gem. Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 VV nach den erhöhten Gebühren für die Berufung bemessen (Vorbem. 3.2.1 Nr. 1 VV), die Einigungs- und Erledigungsgebühren sich dagegen nach den einfachen Gebührensätzen der ersten Instanz richten sollen. Diese Auffassung ist jedoch nicht mehr haltbar. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieses Problems in Nr. 1004 VV bereits bei der ersten Änderung der Vorschrift durch das FGG-ReformG[19] ausdrücklich nur die Einigung in den Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nach Vorbem. 3.2.1, 3.2.2 VV aufgewertet. Die Einigungs- und Erledigungsgebühr in finanzgerichtlichen Verfahren hat er bewusst nicht verändert. Hier erschien ihm die Besserstellung bei der Verfahrensgebühr ausreichend.[20] Nachdem er auch jetzt bei der zweiten Änderung der Vorschrift durch das 2. KostRMoG die finanzgerichtlichen Verfahren nicht aufgeführt hat, kann eine Gesetzeslücke daher nicht mehr angenommen werden.[21]

 

Beispiel 29: Erstinstanzliches Verfahren vor dem FG mit Erledigung

Gegen den Mandanten ist ein Steuerbescheid über 4.000,00 EUR ergangen. Der Mandant legt gegen den Steuerbescheid selbst Einspruch ein und beauftragt, nachdem dieser zurückgewiesen worden ist, den Anwalt, hiergegen Klage zu erheben. Es wird mündlich verhandelt und unter Mitwirkung des Anwalts eine Erledigung erzielt.

Neben der 1,6-Verfahrens- und der 1,2-Terminsgebühr entsteht jetzt auch noch eine 1,0-Erledigungsgebühr.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   444,80 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
3. 1,0-Erledigungsgebühr, Nrn. 1002, 1003 VV   278,00 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.076,40 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   204,52 EUR
Gesamt   1.280,92 EUR
 

Rz. 66

 

Beispiel 30: Erstinstanzliches Verfahren vor dem FG mit Einigung

Gegen den Mandanten ist ein Steuerbescheid über 4.000,00 EUR ergangen. Der Mandant legt gegen den Steuerbescheid selbst Einspruch ein und beauftragt, nachdem dieser zurückgewiesen worden ist, den Anwalt, hiergegen Klage zu erheben. Es wird mündlich verhandelt und unter Mitwirkung des Anwalts eine Einigung erzielt.

Neben der 1,6-Verfahrens- und der 1,2-Terminsgebühr entsteht jetzt auch noch eine 1,0-Einigungsgebühr.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   444,80 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   333,60 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
3. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV   278,00 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.076,40 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   204,52 EUR
Gesamt   1.280,92 EUR
 

Rz. 67

Soweit nicht anhängige Gegenstände in eine Einigung oder Erledigung einbezogen werden, entsteht nach Anm. Abs. 1. Nr. 2, 2. Alt. zu Nr. 3201 VV unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG eine 1,1-Verfahrensgebühr.[22]

 

Beispiel 31: Erstinstanzliches Verfahren vor dem FG mit Erledigung weiterer nicht anhängiger Gegenstände

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2019 hatte der Anwalt Klage erhoben und geltend gemacht, der Bescheid sei wegen Nichtberücksichtigung des privaten Arbeitszimmers um 4.000,00 EUR zu hoch. Im Termin erörtern die Parteien eine Erledigung des Verfahrens unter Einschluss des Einkommensteuerbescheids für 2020, gegen den Einspruch eingelegt worden ist, da auch hier das private Arbeitszimmer nicht berücksichtigt worden ist (Wert: 3.000,00 EUR). Die Parteien erzielen eine Erledigung sowohl über den Einkommensteuerbescheid 2019 als auch über den Einkommenssteuerbescheid 2020.

Infolge der Erledigung auch der nicht anhängigen Steuerforderung für 2020 entsteht unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 RVG aus dem Mehrwert von 3.000,00 EUR die 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr. 3200, Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3201 VV.

Die Terminsgebühr entsteht aus dem Gesamtwert von 7.000,00 EUR.

Darüber hinaus entsteht neben der 1,0-Erledigungsgebühr aus dem Wert der anhängigen Gegenstände eine 1,5-Erledigungsgebühr aus dem Wert der nicht anhängigen Gegenstände, allerdings unter Beachtung des § 15 Abs. 3 RVG.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   444,80 EUR
  (Wert: 4.000,00 EUR)    
2. 1,1-Verfahrensgebühr, Nr. 3200,   244,20 EUR
  Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3201 VV    
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
  die Grenze des. § 15 Abs. 3 RVG,    
  nicht mehr als 1,6 aus 7.000,00 EUR (713,60 EUR),    
  wird nicht überschritten    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   535,20 EUR
  (Wert: 7.000,00 EUR)    
4. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000 Nr. 1, ...

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