Rz. 8
Auf Deutschland bezogen bedeutet Rechtswegerschöpfung, dass der Beschwerdeführer regelmäßig Verfassungsbeschwerde vor dem BVerfG erhoben haben muss, sofern er durch diese die Verletzung von mit den Konventionsrechten gleichwertigen Verfassungsrechten geltend machen kann.[72] Die Anrufung eines Landesverfassungsgerichts genügt dabei nicht. Konventionsorgane haben Beschwerden als unzulässig abgewiesen, in denen das BVerfG Verfassungsbeschwerden mit Verweis auf seine ständige Rechtsprechung zurückgewiesen hatte, da der nationale Rechtsbehelf dann ex ante erkennbar ineffektiv gewesen sei.[73] Gelangt ein Rechtsanwalt zu dem Ergebnis, dass eine Verfassungsbeschwerde nach der Praxis des BVerfG wohl völlig aussichtslos wäre, wird dem Mandanten zu raten sein, parallel Individualbeschwerde vor dem EGMR einzulegen.[74] Die ehemalige Menschenrechtskommission hatte im Falle einer eindeutig zulasten des Beschwerdeführers etablierten Spruchpraxis des BVerfG auch schon vor der abschließenden Entscheidung des BVerfG Anträge für zulässig befunden.[75] Es ist davon auszugehen, dass der EGMR dementsprechend verfährt. Zeigt das BVerfG dem EGMR allerdings an, dass es dessen Entscheidung in einer Rechtssache, die einen gleichgelagerten Fall wie den, der vor dem BVerfG anhängig ist, betrifft, abwarten möchte, ist der Beschwerdeführer verpflichtet, seinerseits den Ausgang des beim BVerfG anhängigen Verfahrens abzuwarten. Andernfalls ist der innerstaatliche Rechtsweg nicht erschöpft.[76]
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