Rz. 951

Um eine stärkere Sicherung des Personenkreises der betriebsverfassungsrechtlichen Organmitglieder zu erreichen, setzt nach dem BetrVG eine außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes die Zustimmung des Betriebsrates als Gremium voraus (§ 15 KSchG i.V.m. § 103 Abs. 1 BetrVG). Es soll dadurch unmöglich gemacht werden, Betriebsratsmitglieder oder andere betriebsverfassungsrechtliche Amtsträger durch willkürliche außerordentliche Kündigungen aus dem Betrieb zu entfernen und durch Ausnutzung der möglichen Rechtsmittel das Verfahren so zu behandeln, dass inzwischen das von einer Kündigung betroffene Betriebsratsmitglied dem Betrieb entfremdet wird und keine Aussicht auf eine Wiederwahl hat. Zweck der Regelung ist also der Schutz der Amtsführung. Durch das Zustimmungserfordernis soll ebenso wie durch den Ausschluss der ordentlichen Kündigung in § 15 KSchG sichergestellt werden, dass die Arbeitnehmer ihr Amt unbefangen und ohne Furcht vor Konsequenzen für ihr Arbeitsverhältnis ausüben können (BAG v. 12.2.2004 – 2 AZR 163/03, NZA 2005, 600). Andererseits gewährleistet diese Vorschrift, dass bis zu einer gerichtlichen Klärung der vom Arbeitgeber erhobenen Vorwürfe im Zustimmungsersetzungsverfahren das Organmitglied seine betriebsverfassungsrechtlichen Funktionen ausüben kann. Sie dient damit auch dem Schutz der Arbeitnehmer vor Ausschließung ihrer gewählten Vertreter (BAG v. 23.1.2002 – 7 AZR 611/00, BAGE 100, 204; BAG v. 12.2.2004 – 2 AZR 163/03, NZA 2005, 600). Die Regelungen sind zwingend. Dies bedeutet: Auf den Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG kann im Voraus weder individual- noch kollektivvertraglich verzichtet werden. Nach dem Zugang der Kündigung kann aber wirksam auf dessen Geltendmachung verzichtet werden (BAG v. 17.3.2005 – 2 AZR 275/04, NZA 2005, 1064). Die nicht auf den Individualschutz beschränkte Schutzrichtung bedingt, dass § 15 KSchG kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB ist (BAG v. 14.2.2002 – 8 AZR 175/01, NZA 2002, 1027). Maßgeblich für die Beurteilung, ob und inwieweit der Arbeitnehmer Sonderkündigungsschutz genießt, ist der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.

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