Rz. 249

Behinderungsanzeige

Verwendbar für Auftragnehmer

I.

Allgemeine Voraussetzungen

1. Tatsächliche Behinderung, wobei Behinderungen alle Ereignisse sind, die den vorgesehenen Leistungsablauf in sachlicher, zeitlicher und räumlicher Sicht hemmen und verzögern
2.

Behinderung verursacht durch:

  • Umstand aus dem Risikobereich des AG
  • Streik o.Ä.
  • höhere Gewalt/unabwendbare Ereignisse
3.

Unverzügliche Behinderungsanzeige des AN

→ ohne schuldhaftes Zögern

schriftlich

→ auch zuverlässige mündliche Anzeige (Schriftform dient Beweiszwecken)

oder Behinderung für AG offenkundig

II.

Besondere Voraussetzungen

1.

zu richten an AG oder dessen Vertreter auf der Baustelle

→ kann nicht an Vertreter gerichtet werden, wenn Behinderung aus dem Bereich des Bauüberwachers resultiert

2. Darstellung aller Tatsachen, aus denen sich für den AG mit hinreichender Klarheit die Gründe für die Behinderung oder die Unterbrechung im Einzelnen ergeben, d.h. Ort der Behinderung, Zeit, Auswirkung auf Leistung und Umstände sowie Fristen
3. Keine Voraussetzung ist die Mitteilung über den ungefähren Umfang und die ungefähre Höhe eines etwaigen Ersatzanspruchs
III.

Nebenpflichten des AN

1. Benachrichtigung AG über Fortfall Behinderung
2. unverzügliche Wiederaufnahme der Leistung (Definition: § 121 BGB)
3. Zügiges Vorantreiben der Bauleistung (Art und Maß nach Verursachung/Verschulden der Behinderung, Billigkeit, § 242 BGB, Kooperationspflicht der Bauvertragsparteien, Schadensminderungspflicht, § 254 Abs. 2 S. 1 BGB)
IV.

Rechtsfolgen

1. Anspruch des AN auf Verlängerung der Bauzeit
2.

Anspruch auf Schadensersatz gem. § 6 Abs. 6 VOB/B, bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit auch auf entgangenen Gewinn

→ AN muss Behinderung dazu möglichst konkret darlegen, d.h. eine bauablaufbezogene Darstellung vorlegen; allgemeine Hinweise genügen nicht.[194]

V.

Zusammenfassung der Voraussetzungen von Behinderungsansprüchen

1. objektive Behinderung der Ausführung
2. Behinderung vom anderen Vertragspartner verursacht oder
3. seiner Risikosphäre zuzurechnen und von ihm zu vertreten
4. unverzügliche Behinderungsanzeige (oder Behinderung offenkundig)
5. Behinderung ursächlich für Bauzeitverzögerung (haftungsbegründende Kausalität)
6. Kausalität zwischen Bauzeitverzögerung und Schaden (haftungsausfüllende Kausalität)
7. Schaden AN (AG) – grds. konkrete Schadensberechnung
8. Ist die Behinderung gleichzeitig eine Mitwirkungspflichtverletzung, Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB
9. Kausalität → Berücksichtigung eines eventuellen Mitverschuldens des Vertragspartners
10. Schadensminderungspflicht des AN gem. den Interessen des AG
11. wegen erheblichen Bauunterbrechungen oder längerem Stillstand sind der bisherige Bauzeitenplan und Vertragsfristen hinfällig!
VI. Anspruchsbegründende Voraussetzungen

Darstellung des tatsächlichen (und nicht des geplanten oder kalkulierten) Bauablaufs bis zur Behinderung und Folgen der Behinderung durch Vergleich des hypothetischen ungestörten Bauablaufs mit dem gestörten tatsächlichen Bauablauf (BGH BauR 2002, 1249)

Wichtig:

AN trägt Beweislast
Baubetriebliches Gutachten darf den Schaden nicht aus typisierten Erfahrungswerten herleiten!

Ersatz des nachweislich entstandenen Schadens (ohne Ust.)

Stillstandkosten
zeitabhängige Mehrkosten
allg. Geschäftskosten (AGK)
Beschleunigungskosten
entgangener Gewinn nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.
[194] Zur bauablaufbezogenen Darstellung siehe Rdn 8.

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