Rz. 203

Die Gesetzesbegründung geht davon aus, dass mit der Formulierung der Anspruchsgrundlagen in § 1568a BGB die Grundsätze erfasst sind, die sich bei der Anwendung des § 2 HausrVO durch die Gerichte herausgebildet haben.[314] Zur Auslegung der Bedarfskriterien und der Billigkeitsklausel kann also auf die frühere Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

§ 2 HausrVO verlangte eine Entscheidung des Familiengerichts nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei besonders hervorgehoben waren das Wohl der Kinder und die Erfordernisse des Gemeinschaftslebens. Aus der besonderen Betonung des Wohles der Kinder zieht die Rechtsprechung den Schluss, dass regelmäßig dem sorgeberechtigten Elternteil bzw. dem Elternteil, bei dem die Kinder leben sollen, die Ehewohnung zuzuweisen ist.[315]

Mit "Erfordernissen des Gemeinschaftslebens" waren die Beziehungen jedes Ehegatten zu seiner Umwelt gemeint. Dies ist aufgegriffen mit dem Verweis in § 1568a Abs. 1 BGB auf die "Lebensverhältnisse der Ehegatten". Zu berücksichtigen soll also zum einen sein, inwieweit sich die Ehegatten in die Hausgemeinschaft einfinden, zum anderen sind die sozialen Umstände gemeint, wie Umfeld, Nähe zur Arbeitsstelle, Nähe zu anderen Verwandten oder auch die Verbindung der Ehewohnung mit Geschäftsräumen.[316]

Unerheblich ist demgegenüber das Verhalten der Ehegatten zueinander, insbesondere die Motive der Trennung oder die Gründe, die zum Scheitern der Ehe geführt haben. Etwas anderes gilt allenfalls, wenn die Nichtberücksichtigung dieser Umstände zu einem grob unbilligen Ergebnis führen würde.[317]

Im Übrigen sind alle Umstände des Einzelfalles in die Gesamtabwägung einzubeziehen, also insbesondere Alter und Gesundheitszustand der Ehegatten, etwaige Behinderungen, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Möglichkeit der Beschaffung von Ersatzraum, Verhältnis zu den Mitbewohnern, Herkunft der Mittel für die Beschaffung oder Ausstattung der Ehewohnung aus der Familie eines Ehegatten, Nutzung von Teilen der Ehewohnung für geschäftliche Zwecke eines Ehegatten.[318]

[314] Gesetzentwurf v. 5.11.2008, BT-Drucks 16/10798, S. 33.
[315] Götz/Brudermüller, FamRZ 2011, 184, 1841 f.; Brudermüller, FamRZ 1999, 130 f.; Klein, FuR 1997, 109 f., jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung.
[316] Klein, FuR 1997, 110.
[317] Brudermüller, FamRZ 1999, 131 m.w.N.
[318] Brudermüller, FamRZ 1999, 131; Klein, FuR 1997, 110, jeweils mit Nachweisen.

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