Rz. 50

Besondere Probleme treten bei Verwaltungsvollstreckungen (Dauervollstreckungen) auf, wenn ein Geschäftsbetrieb in den Nachlass fällt, sei es als Unternehmen, sei es als Unternehmensbeteiligung. Für die Vergütung des Testamentsvollstreckers werden in diesen Fällen besondere Gesichtspunkte maßgebend sein. Rechtsprechung und Literatur haben sich mit diesen speziellen Fragen bislang kaum auseinandergesetzt.[34] Es liegt auf der Hand, dass bei der Ermittlung der Angemessenheit der Vergütung für Testamentsvollstreckung im Unternehmensbereich die üblichen Tabellenwerte nur eine geringe Funktion haben können. Positivrechtlich wird diese Aussage durch § 3 Abs. 1 lit. b InsVV gestützt, wo vorgesehen ist, dass der Insolvenzverwalter einen Zuschlag zur Regelvergütung erhält, wenn er das Unternehmen fortführt.

 

Rz. 51

Will man die angemessene Vergütung des unternehmerischen Testamentsvollstreckers ermitteln, ist vorab zu prüfen, welche Funktion er im Unternehmen haben kann und schließlich auch ausübt. Die DNotV-Empfehlungen differenzieren zutreffend: Ein Zuschlag von 10 % des jährlichen Reingewinns wird dem Testamentsvollstrecker zur Grundvergütung zugestanden, wenn er die Unternehmerstellung bei Personengesellschaften übernimmt und ausübt, ggf. im Wege der Vollrechtstreuhand. Die DNotV-Empfehlungen beschränken diese Aussage – nicht ganz zutreffend – auf Personengesellschaften, eine Aussage für Kapitalgesellschaften fehlt. Dort ist die Situation aber nicht völlig anders zu beurteilen, vor allem bei Familiengesellschaften, wo es auf das Zusammenwirken der Gesellschaft in ähnlicher Weise ankommt wie bei Personengesellschaften. Bei Anlagegesellschaften und tatsächlich kapitalistisch strukturierten Kapitalgesellschaften werden dann 10 % des jährlichen Reingewinns eher als Obergrenze des Zuschlags anzusehen sein. Ist der Testamentsvollstrecker als Organ einer Gesellschaft tätig oder ist er von ihr bevollmächtigt, billigen die DNotV-Empfehlungen ihm einen Zuschlag in Höhe des branchenüblichen Geschäftsführer- bzw. Vorstandsgehaltes und die branchenübliche Tantieme als Zuschlag zur Grundvergütung zu. Hat der Testamentsvollstrecker lediglich beaufsichtigende Funktion (Aufsichtsratsmitglied, Beiratsmitglied, Beteiligung über einen Zwerganteil), soll er die branchenübliche Vergütung eines entsprechenden Aufsichtsratsmitglieds etc. als Zuschlag erhalten.

 

Rz. 52

Bei der "Feinabgrenzung" spielt die jeweilige Struktur des Unternehmens (etwa die Zahl der Arbeitnehmer, die Art der ausgeübten Tätigkeit, die Höhe der Verbindlichkeiten, Unternehmungen auch im Ausland o.Ä.) eine Rolle, ebenso die Frage, ob das Risiko des Testamentsvollstreckers, etwa durch Versicherungen, die aus Mitteln des Nachlasses bezahlt werden, oder durch Vereinbarungen mit den Erben, abgedeckt ist. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, ob der Testamentsvollstrecker auf die Verwaltungsstrukturen des Unternehmens zurückgreifen kann, sein Zuschlag muss in diesen Fällen geringer ausfallen, als wenn er selbst die nötige Organisation zur Verfügung stehen hat.

[34] Es sind lediglich zwei einschlägige Entscheidungen zu verzeichnen: LG Hamburg, Urt. v. 27.3.1958, MDR 1958, 761 und BGH, Urt. v. 28.11.1962, DNotZ 1963, 168; vgl. dazu Reimann, in: FS H. Flick, 1997, S. 357; Eckelskemper/Schmitz, in: Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, § 10 Rn 91 ff.

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