Rz. 78

Nochmals zur konkreten Bedarfsbemessung (vgl. zunächst Rdn 46 ff.).

 

Beispiel (vereinfacht)

Hat M ein Einkommen von 12.000 EUR, konnte F (einkommenslos) bislang nicht Unterhalt nach Quote in Höhe von 6.000 EUR geltend machen. Nach neuester oben bereits dargestellter Rspr. des BGH (XII ZB 503/16) kann sie es, muss aber diesen "Verbrauch" während der Ehe – bei Bestreiten – nachweisen.

 

Rz. 79

Die konkrete Bedarfsbemessung ändert nichts daran, dass die Unterhaltsberechtigte sich Eigeneinkommen bedarfsdeckend anrechnen lassen muss.

 

Rz. 80

Anders als beim Quotenunterhalt ist das Eigeneinkommen in vollem Umfang bedarfsdeckend anzurechnen und nicht um einen Erwerbstätigenbonus zu kürzen.

 

BGH, Beschl. v. 29.9.2021– XII ZB 474/20 Rn 23

Ebenso zutreffend ist, dass die Ehefrau im Rahmen der konkreten Bedarfsermittlung keine Erwerbstätigenquote von ihrem Einkommen abziehen darf (Senatsurteil vom 10.11.2010 – XII ZR 197/08, FamRZ 2011, 192 Rn 26 ff.)

 

BGH, Urt. v. 8.8.2012 – XII ZR 97/10

…, dass bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbsbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen ist (Urt. v. 10.11.2010 – XII ZR 197/08, FamRZ 2011, 192 Rn 26 ff.).

 

BGH, Urt. v. 10.11.2010 – XII ZR 197/08

Das Einkommen der Unterhaltsberechtigten hat – anders als bei der Bedarfsermittlung nach Quoten – keinen Einfluss auf die Höhe seines [Anm. des Autors: konkret ermittelten] Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 BGB. Im Gegensatz zu der vom Halbteilungsgrundsatz ausgehenden Bedarfsbemessung nach Quoten, bei der ein Erwerbsanreiz auf beiden Seiten abgezogen wird, ist dergleichen bei der konkreten Unterhaltsbemessung nicht gerechtfertigt.

In Anbetracht der unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung (§ 1569 BGB) bedarf es vielmehr grundsätzlich keiner besonderen Vergünstigung, um den Unterhaltsberechtigten zur Deckung seines Lebensbedarfs durch eigene Erwerbstätigkeit zu motivieren (Urt. v. 16.12.2009 – XII ZR 50/08 = FamRZ 2010, 357 Rn 38). Zur isolierten Erfassung eines nicht bezifferbaren und nicht durch den (nach den Leitlinien der Oberlandesgerichte weitgehend pauschalierten) Werbungskostenabzug abgedeckten berufsbedingten Mehrbedarfs besteht – jedenfalls bei einer konkreten Bedarfsbemessung, die auf weitgehend pauschalen Schätzungen beruht und dem Unterhaltsberechtigten nicht unbeträchtliche Spielräume eröffnet – regelmäßig keine Veranlassung. Damit stimmt auch die Rechtsprechung des Senats zum angemessenen Lebensbedarf des Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. bzw. § 1578b Abs. 1 BGB überein, nach welcher der Bedarf ebenfalls regelmäßig nach dem nicht um einen Erwerbsbonus gekürzten eigenen Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten (ohne ehebedingte Nachteile) zu bemessen ist (BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn 17; Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 102/09 = FamRZ 2010, 1637 Rn 46; Urt. v. 20.10.2010 – XII ZR 53/09). Soweit der Senat in der Vergangenheit den Abzug eines Erwerbsbonus gebilligt hat (Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 102/09 = FamRZ 2010, 1637 Rn 31), hält er daran nicht fest.

 

Rz. 81

Bei einer konkreten – im Gegensatz zur quotalen – Bedarfsbemessung mindert ein etwaiger Altersvorsorgeunterhalt nicht den Elementarunterhalt.

 

BGH, Urt. v. 11.8.2010 – XII ZR 102/09

Der nacheheliche Unterhalt umfasst gemäß § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB den gesamten Lebensbedarf. Im Rahmen eines Unterhaltsanspruchs nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576 BGB gehören nach § 1578 Abs. 3 BGB zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

Der nach § 1578 Abs. 3 BGB geschuldete Vorsorgeunterhalt ist dazu bestimmt, als Teil des einheitlichen, den gesamten Lebensbedarf des Berechtigten umfassenden Unterhaltsanspruchs den Aufbau einer Altersvorsorge zu ermöglichen, die den Einkünften vor Renteneintritt entspricht.

Im Hinblick auf die Zielsetzung des Versorgungsausgleichs hat der Senat es gerechtfertigt gehalten, den Elementarunterhalt zu dem Entgelt aus einer Erwerbstätigkeit und den Vorsorgeunterhalt zu den Versicherungsbeiträgen in Beziehung zu setzen, die im Hinblick auf ein derartiges Erwerbseinkommen zu erreichen wären, und damit den Berechtigten hinsichtlich der Altersvorsorge so zu behandeln, wie wenn er aus einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit Einkünfte in Höhe des ihm an sich zustehenden Elementarunterhalts hätte (Urt. v. 25.11.1998 – XII ZR 33/97 = FamRZ 1990, 372, 373 f.).Entsprechend hat das Berufungsgericht den als Elementarunterhalt zugesprochenen Betrag dem Nettoarbeitsentgelt gleichgestellt und dieses zur Ermittlung der darauf entfallenden Vorsorgebeiträge in ein fiktives Bruttoeinkommen umgerechnet (vgl. insoweit Bremer Tabelle). Der Altersvorsorgeunterhalt ist auch nicht durch die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung zur Höhe begrenzt (Urt. v. 25.10.2006 – XII ZR 141/04 = FamRZ 2007, 117 Tz. 22 ff.).

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