Rz. 39

Es gilt der Grundsatz der gleichen Teilhabe (Halbteilungsgrundsatz).

 

BVerfG v. 25.1.2011 – 1 BvR 918/10, Absatz-Nr. 46

Das nacheheliche Unterhaltsrecht und insbesondere die verfahrensgegenständliche Bestimmung des Maßes nachehelich zu gewährenden Unterhalts nach § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB bedarf danach einer rechtlichen Ausgestaltung, bei der die Handlungsfreiheit sowohl des Unterhaltsberechtigten wie auch des Unterhaltsverpflichteten unter Berücksichtigung des Schutzes aus Art. 6 Abs. 1 GG in Ausgleich zu bringen ist. Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG schützt als wertentscheidende Grundsatznorm die Ehe als Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner, in der die Ehegatten ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung in gemeinsamer Verantwortung bestimmen und bei der die Leistungen, die sie im Rahmen der von ihnen in gemeinsamer Entscheidung getroffenen Arbeits- und Aufgabenzuweisung jeweils erbringen, als gleichwertig anzusehen sind. Aus dieser Gleichwertigkeit folgt, dass beide Ehegatten grundsätzlich Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben, das ihnen grundsätzlich zu gleichen Teilen zuzuordnen ist (vgl. BVerfGE 105, 1, 10 ff.). Das Prinzip gleicher Teilhabe gilt nicht nur während des Bestehens der Ehe, sondern entfaltet für den Fall eines gesetzlich geregelten Unterhaltsanspruchs seine Wirkung auch nach Trennung und Scheidung, insbesondere auf die unterhaltsrechtliche Beziehung der Eheleute untereinander. Bei der Unterhaltsbemessung ist das Einkommen, das den Lebensstandard der Ehe geprägt hat, den Ehegatten daher grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob es nur von einem oder von beiden Ehegatten erzielt worden ist (vgl. BverfGE 63, 88 (109); 105, 1 (12)). Bei der gesetzlichen Ausgestaltung des nachehelichen Unterhaltsrechts ist zudem zu berücksichtigen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (vgl. BVerfGE 66, 84 <94 f.>; 108, 351 <364>). Damit sind Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen.

 

Rz. 40

Die Bedarfsbestimmung muss nach den ehelichen Lebensverhältnissen erfolgen.

 

BVerfG v. 25.1.2011 – 1 BvR 918/10, Absatz-Nr. 60

Demgegenüber hat der Gesetzgeber § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB keiner Änderung unterzogen. Der Unterhaltsbedarf ist danach weiterhin an den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessen. An diesen unverändert gebliebenen Maßstab hat der Gesetzgeber auch mit dem neu geschaffenen § 1578b BGB angeknüpft, der die Möglichkeit eröffnet, den nachehelichen Unterhalt unabhängig von der Grundlage, auf der er gewährt wird, im Einzelfall herabzusetzen und zeitlich zu begrenzen. Der Gesetzgeber hat damit unterstrichen, dass der Unterhaltsbedarf grundsätzlich auch weiterhin zunächst am Maßstab der ehelichen Lebensverhältnisse zu bemessen ist.

 

BGH, Beschl. v. 25.9.2019 – XII ZB 25/19 Rn 26

Der Bedarf bemisst sich beim nachehelichen Unterhalt gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese richten sich wiederum nach dem verfügbaren Familieneinkommen. Der Unterhalt wird dementsprechend in der Praxis bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen in den weitaus meisten Fällen nach einer Quote des Gesamteinkommens der Ehegatten bemessen.

 

Rz. 41

Grundlage der Halbteilung sind somit die ehelichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Scheidung.

 

SüdL

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 […]

15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90 % zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen bei der Bedarfsermittlung, nicht bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners).

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein unterhaltsberechtigtes Kind, wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um Kindesunterhalt (Zahlbetrag) bereinigt.

Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, kann im Einzelfall ein Betreuungsbonus angesetzt werden.

15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht

Vgl. Nr. 15.2 der im Einzelfall anzuwenden Leitlinien.

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