Rz. 67

Der VN hat den Vollbeweis (§ 286 ZPO) für den Eintritt des Versicherungsfalls zu führen, d.h. er hat das Unfallereignis, die Gesundheitsschädigung und die haftungsausfüllende Kausalität zu beweisen.[175] Lediglich die Unfreiwilligkeit muss nicht bewiesen werden, sie wird gesetzlich vermutet, § 178 Abs. 2 S. 2 VVG n.F., § 180a Abs. 1 VVG a.F. Dem VR obliegt also für eine Freiwilligkeit die Beweislast nach § 286 ZPO. Von dieser Regelung darf nicht zum Nachteil des VN abgewichen werden, § 191 VVG n.F., § 180a Abs. 2 VVG a.F.,

Für einen Beweis im Rahmen des § 286 ZPO genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen.[176] In der Regel genügt für den Nachweis eines Unfallgeschehens die schlüssige Darstellung von Geschehensabläufen, die den Unfallbegriff erfüllen.[177]

Der VN muss die Gesundheitsschädigung substantiiert vortragen. Der bloße Verweis auf einen bestimmten Arzt reicht nicht aus.[178] Da nicht immer Zeugen oder eine Aussage der VP (für eine Prozesspartei bleibt eine Vernehmung nach § 448 ZPO möglich) zur Ermittlung des genauen Schadenhergangs zur Verfügung stehen, ist auch eine schlüssige Darstellung anhand von Indizien ausreichend. In der Regel werden erst mehrere Hilfstatsachen in ihrer Gesamtheit Beweiswert haben.[179]

 

Rz. 68

Der Anspruchsteller muss über das Vorliegen einer Gesundheitsschädigung vollen Beweis erbringen, was insbesondere auch bei einem behaupteten HWS-Schleudertrauma zu Problemen führen kann.

Fehlen trotz subjektiver Beschwerden der VP positive Befunde, so haben allgemeine medizinische Erfahrungssätze, mit denen der Gutachter die Gesundheitsschädigung begründet, nur dann Beweiswert, wenn sie anerkannte und herrschende Grundsätze der medizinischen Wissenschaft darstellen.[180]

 

Rz. 69

Das Bestehen einer Gesundheitsschädigung lässt anderseits nicht zwingend die Folgerung zu, sie sei Unfallfolge,[181] denn auch eine Beschwerdefreiheit vor dem Unfall beweist nicht, dass z.B. eine Rotatorenmanschette durch einen Unfall gerissen ist.[182] Der Beweis für die Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschädigung ist geführt, wenn ein Sachverständigengutachten andere denkbare Ursachen als ein Unfallereignis für die Gesundheitsschädigung ausschließt.[183] Kommen auch unfallfremde Ursachen in Betracht, ist der Beweis einer unfallbedingten Gesundheitsschädigung nicht geführt.[184]

[175] BGH v. 23.9.1992 – IV ZR 157/91, r+s 1992, 430; OLG Düsseldorf v. 28.12.2006 – 4 U 39/06, r+s 2008, 80.
[176] BGH v. 18.3.1987 – IV a ZR 203/85 VersR 1987, 503; OLG Köln, Urt. v. 26.2.2003 – 5 U 178/99, VersR 2004, 1042.
[177] BGH v. 22.6.1977 – IV ZR 128/75, VersR 1977, 736; Grimm, Ziff. 1 Rn 45 m.w.N.
[178] LG Hannover v. 25.11.1987 – 6 O 357/87, zfs 1988, 185, 186.
[179] BGH v. 15.6.1994 – IV ZR 126/93, VersR 1994, 1054, 1055; Grimm, Ziff. 1 Rn 41.
[180] Vgl. BGH v. 28.1.2003 – VI ZR 139/02 – r+s 2003, 172; Grimm, Ziff. 1 Rn 45.
[181] Grimm, Ziff. 1 Rn 45 m.w.N. und Beispielen.
[183] OLG Hamm v. 17.8.1994 – 20 U 213/92, r+s 1995, 117.
[184] LG Aachen v. 19.3.1986 – 7 S 321/85, r+s 1986, 266.

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