Rz. 137

Auch über die unterhaltsrechtliche Situation während der Trennungszeit bis zur Rechtskraft der Ehescheidung können die Ehegatten einvernehmliche Regelungen treffen (zu Trennungsvereinbarung über andere Regelungsgegenstände siehe unten Rdn 250). Es gelten dabei die allgemeinen Überlegungen zu Unterhaltsvereinbarungen; stellen sich ggf. auch die allgemeinen Wirksamkeitsfragen (Sittenwidrigkeit, Angemessenheitskontrolle), siehe § 21 Rdn 1 ff.

 

Rz. 138

 

Praxistipp:

Möglich ist auch die Vereinbarung über die Art und Weise der tatsächlichen Leistungserbringung.
Der Getrenntlebensunterhalt ist nach § 1361 Abs. 4 S. 1 BGB zwar auf Zahlung einer Geldrente gerichtet.[120] Dennoch könnten die Ehegatten vertraglich vereinbaren, dass stattdessen Sachleistungen – z.B. die Wohnungsgewährung – ganz oder teilweise an die Stelle der Geldrente treten sollen (Gewährung von Naturalunterhalt oder andern Leistungssurrogaten).[121]
[120] BGH FamRZ 1990, 851 (852).
[121] Muster bei Münch, Ehebezogene Rechtsgeschäfte, Rn 1946 (Wohnwertanrechnung).

1. Verzicht auf zukünftigen Trennungsunterhalt

 

Rz. 139

Durch Unterhaltsvereinbarung kann lediglich auf zukünftigen Ehegattenunterhalt ab Scheidung verzichtet werden, nicht aber auf zukünftigen Trennungsunterhalt (§§ 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 4 BGB i.V.m. § 1614 BGB).[122] Ein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt ist unwirksam und daher nach § 134 BGB nichtig.

 

Rz. 140

 

Praxistipp:

Eine sich ggf. daraus ergebende Teilnichtigkeit des Ehevertrags kann auch Auswirkungen auf den – an sich wirksamen – Ausschluss des Versorgungsausgleichs haben![123]
Verzicht für die Vergangenheit ist dagegen möglich. Vorauszahlungen für die Zukunft sind nur bis zu 3 Monaten zulässig (§§ 1614 Abs. 2, 760 Abs. 3 BGB).
Das Verbot gilt nur für gesetzliche Unterhaltsansprüche. Ein Verzicht auf rein vertragliche Unterhaltsansprüche ist daher zulässig.[124]

Während ein Verzicht auf laufenden Trennungsunterhalt ebenso wie auf zukünftigen Kindesunterhalt folglich unzulässig ist, ist dagegen eine Modifikation erlaubt. Vereinbarungen zur Höhe des künftigen Trennungsunterhaltes sind also zulässig.

[122] BGH v. 29.1.2014 – XII ZB 303/13, NJW 2014, 1101; Deisenhofer, FamRZ 2000, 1368, 1369.
[123] BGH v. 29.1.2014 – XII ZB 303/13, NJW 2014, 1101; vgl. auch OLG Hamm v. 22.5.2014 – 1 UF 66/13, NJW 2014, 2880.

a) Abgrenzung zwischen unzulässigem Verzicht und zulässiger Modifikation

 

Rz. 141

Für die Abgrenzung zwischen zulässiger Anpassung des zukünftigen Unterhaltes und unzulässigem Verzicht gibt der BGH[125] angesichts der Verschiedenartigkeit der Einzelfälle keinen einheitlichen exakten prozentualen Richtwert für die zulässige Unterschreitung des rein rechnerisch geschuldeten Unterhalts vor. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an, die immer von den Beteiligten vorgetragen werden müssen. Die Darlegungslast für die Unwirksamkeit des Unterhaltsverzichts trägt derjenige, der aus der Unwirksamkeit für sich günstige Rechtsfolgen herleiten möchte.[126]

 

Rz. 142

Zuerst muss faktisch die Höhe des angemessenen Unterhalts im hierfür erforderlichen Umfang festgestellt werden, um anschließend entscheiden zu können, ob eine unzulässige Unterschreitung dieses angemessenen Unterhalts vorliegt. Denn nur durch diesen Vergleich des gesetzlich geschuldeten Unterhaltes mit dem reduziert vereinbarten Unterhalt lässt sich bewerten, ob ein Verzicht vorliegt.

 

Rz. 143

Wird im Fall konkret um Quotenunterhalt gestritten, müssen die finanziellen Verhältnisse beider Ehegatten abgeklärt werden, um so die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und die Bedürftigkeit der Berechtigten festzustellen und hieraus den gesetzlich geschuldeten Quotenunterhalt zu errechnen. Auch die Frage einer Erwerbsobliegenheit der Berechtigten nach § 1361 Abs. 2 BGB ist zu klären. Bei gehobenen Einkommensverhältnissen muss der geltend gemachte konkrete Bedarf der Antragstellerin beurteilt werden.

[125] BGH v. 30.9.2015 – XII ZB 1/15, FamRZ 2015, 2131 mit Anm. Wolf/Bergschneider = NJW 2015, 3715 mit Anm. Born; dazu Spangenberg, FF 2016, 152.
[126] BGH, Urt. v. 20.2.2003 – III ZR 184/02; Nassall in: jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2016, § 138 Rn 70.

b) Keine Umgehung durch pactum de not petendo

 

Rz. 144

Das gesetzliche Verbot des Verzichts auf Trennungsunterhalt kann nicht durch ein pactum de non petendo umgangen werden.[127]

 

Praxistipp:

Liegt in einer Regelungspunkt einer Gesamtvereinbarung ein unwirksames pactum de non petendo, ist im Hinblick auf den dann vorliegenden Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) weiter zu prüfen, ob die Teilnichtigkeit gemäß § 139 BGB auch die weiteren Bestimmungen in der Vereinbarung erfasst.

[127] BGH FamRZ 2014, 629 mit Anm. Bergschneider, FamRZ 2014, 727.

2. Regelungsumfang

 

Rz. 145

In einer während der Trennungszeit beurkundeten notariellen Regelung sollte festgelegt werden,

ob dieser Regelung lediglich den Trennungsunterhalt umfasst oder auch für den Zeitraum nach Rechtskraft der Scheidung gelten soll (ggf. wie lange).
ob der Trennungsunterhalt auch bei einer Verzögerung des Scheidungsverfahren in der festgelegten Höhe letztlich unbegrenzt geschuldet wird oder...

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