Rz. 40

Sowohl notwendige als auch einfache Streitgenossen können bei Vorliegen der Voraussetzungen Prozesskostenhilfe beantragen und auch bewilligt erhalten. Fraglich ist lediglich der Umfang der Bewilligung und Beiordnung eines gemeinsamen Rechtsanwalts. Wenn nämlich einer der Streitgenossen aufgrund Vermögens durchaus in der Lage ist, die Kosten des gemeinsamen Anwalts zu zahlen, die anderen jedoch nicht, so erstreckt sich die Prozesskostenhilfebewilligung lediglich auf den nach Nr. 1008 VV aus der Staatskasse zu zahlenden Erhöhungsbetrag.[56] Denn der mittellosen Partei soll durch die Prozesskostenhilfebewilligung lediglich eine Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung insoweit gewährt werden, ohne dass dadurch ein Streitgenosse, der selbst über die notwendigen Mittel verfügt, begünstigt wird. Aufgrund der Subsidiarität staatlicher Hilfe soll somit die Prozesskostenhilfe-Partei aus der Staatskasse nur den Betrag erhalten, in dessen Höhe sie tatsächlich in Anspruch genommen werden kann. Dies betrifft daher nur die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV. Der BGH lehnt es ausdrücklich ab, Prozesskostenhilfe in Höhe der Kopfteilquote zu bewilligen, die im Innenverhältnis auf den bedürftigen Genossen entfällt. Ist Prozesskostenhilfe unbeschränkt bewilligt worden und werden dann von der Staatskasse unter Berufung auf die Entscheidung des BGH lediglich die Erhöhungsbeträge festgesetzt, so kann dem entgegengehalten werden, dass diese Gestaltung jedenfalls nicht von der Entscheidung des BGH erfasst ist.[57] Konsequenz daraus ist: Die Prozesskostenhilfe schützt den bedürftigen Streitgenossen nicht dagegen, dass der nicht bedürftige Streitgenosse von ihm nach § 426 Abs. 1 BGB die Bezahlung eines höheren Anteils der Anwaltskosten verlangt, als die Staatskasse für ihn, den Bedürftigen zahlt. Der Zweck der Prozesskostenhilfe beschränkt sich allein darauf, dem Bedürftigen die Prozessführung zu ermöglichen.[58]

 

Rz. 41

Allerdings dürfen solche Überlegungen bei einer uneingeschränkten Bewilligung keine Rolle spielen. Denn § 7 RVG, der im Zusammenhang mit Nr. 1008 VV zu sehen ist, erlaubt es einem Anwalt zu wählen, auf welchen seiner Mandanten er mit welchen Ansprüchen zugreifen will. Daher ist für den Rechtsanwalt nicht vorhersehbar, dass er im Festsetzungsverfahren mit seinen Ansprüchen gegen die Staatskasse eingeschränkt wird. Insofern besteht bei uneingeschränkter Prozesskostenhilfebewilligung ein Vertrauensschutz. Dieser gilt auch zugunsten der mittellosen Partei. Nach im Ergebnis richtiger Auffassung ist demnach bereits eine beschränkte Bewilligung und Beiordnung unzulässig und für das Festsetzungsverfahren nicht bindend. Deshalb kann natürlich erst recht bei einer unbeschränkten Bewilligung und Beiordnung der Vergütungsanspruch nicht auf die Erhöhungsbeträge begrenzt werden.[59] Denn diese kann unter Umständen nach § 426 BGB in nicht unerheblicher Höhe mit Ausgleichsansprüchen des anderen Streitgenossen konfrontiert werden, wenn nämlich dieser vom Rechtsanwalt auf Zahlung der Kosten in Anspruch genommen wurde. Diese Folge soll gerade durch die Prozesskostenhilfe vermieden werden.

[56] BGH NJW 1993, 1715; AG Andernach AGS 2003, 259 m. Anm. Benkelberg; OLG Celle JurBüro 1984, 1248; a.A. OLG Düsseldorf MDR 1997, 1071 m.w.N.; LAG Rheinland Pfalz MDR 1997, 1166 f.; OLG Köln OLGReport 1998, 438; OLG Stuttgart JurBüro 1997, 200; SchlHOLG OLGReport Bremen 1998, 234; LG Frankenthal JurBüro 1997, 91 f.
[57] So Rönnebeck, NJW 1994, 2273; Wax, NJW 1994, 2333; Notthoff, AnwBl 1996, 612; Hartmann, KostG, 48. Auflage, Rn 65 zu § 122 BRAGO.
[58] Zöller/Philippi, § 114 Rn 8.
[59] Vgl. OLG München JurBüro 1997, 89 =

MDR 1996, 857 = Rpfleger 1996, 478; OLG Stuttgart JurBüro 1997, 200; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, 23. Auflage, § 6 Rn 23; § 122 Rn 24.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge