Rz. 130
Ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben (§ 79 Abs. 1 ZPO), so kann der Partei ein zur Vertretung bereiter[293] Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet werden, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Erforderlich ist die Beiordnung dann, wenn ein sachliches und persönliches Bedürfnis hierfür besteht.[294] Insofern entscheidet stets der Einzelfall, da Umfang, Schwierigkeit, Bedeutung der Sache sowie die Fähigkeiten der Partei, sich schriftlich bzw. mündlich auszudrücken, unterschiedlich zu beurteilen sind.[295] Der Begriff der Erforderlichkeit ist daher weit auszulegen und die Regel-Ausnahme-Fassung in der Praxis umzukehren. Aufgrund der heutzutage immer diffiziler werdenden Rechtsstreitigkeiten ist eine regelmäßige Beiordnung allerdings verfassungsmäßig geboten.[296] Vor diesem Hintergrund scheidet eine Beiordnung eher selten aus.
Rz. 131
Hinweis
Ist zunächst keine der Parteien anwaltlich vertreten, bestellt sich aber im Laufe des Verfahrens ein vertretungsberechtigter Anwalt, so ist aus Gründen der Waffengleichheit der mittellosen Partei Gelegenheit zu geben, nachträglich die Beiordnung eines Rechtsanwalts zu beantragen.[297]
Rz. 132
Eingeschränkt wird eine freie Anwaltswahl der Partei durch die Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO. Hiernach kann ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Hierzu hat sich der bereite Rechtsanwalt zu erklären.
Rz. 133
Diese Regelung hat durch das Rechtsanwaltsberufsneuordnungsgesetz mit Wirkung zum 1.1.2000[298] sowie durch das Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten (OLGVertrÄndG) mit Wirkung zum 1.8.2001[299] etwas an Bedeutung verloren, da nach den Novellierungen fast alle Rechtsanwälte vor den Landgerichten bzw. – eingeschränkt – Oberlandesgerichten auftreten dürfen. Das in § 121 Abs. 3 ZPO manifestierte Mehrkostenverbot gilt aber dennoch überall dort, wo zu Lasten der Staatskasse unnötige Reisekosten entstehen können.
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