Rz. 427

Beim Scheitern einer Ehe stellt sich somit auch die Frage, ob ein Vermögensausgleich über das Gesellschaftsrecht nach §§ 730 ff. BGB wegen des Vorliegens einer Ehegatteninnengesellschaft durchzuführen ist. Die Annahme einer konkludent geschlossenen Ehegatteninnengesellschaft setzt voraus, dass

Zitat

Ehegatten im Rahmen einer wirtschaftlichen Zielsetzung einen gemeinsamen Zweck verfolgen, der über den typischen Rahmen der Lebens- bzw. Familiengemeinschaft hinausgeht (…) es sei denn, ausdrücklich getroffene Vereinbarungen der Parteien stehen entgegen (…) oder es soll bewusst nur das Vermögen einer Partei gefördert werden (…).[223]

 

Rz. 428

Sofern es um Ehegattenmitarbeit geht, ist zu klären, ob ein Ausgleich über das Arbeitsrecht bzw. einen familienrechtlichen Vertrag sui generis zu erfolgen hat. Letzteren gilt es von der Ehegatteninnengesellschaft abzugrenzen.

 

Rz. 429

Wurden allerdings überwiegend finanzielle Einlagen in ein Unternehmen oder zum Erwerb einer Immobilie erbracht, ist die Ehegatteninnengesellschaft von der ehebezogenen Zuwendung abzugrenzen. Denkbar wäre es dann nämlich, den Ausgleich über den Grundsatz der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB durchzuführen.

1. Rechtsfigur der Ehegatteninnengesellschaft

 

Rz. 430

Die Möglichkeit, einen vermögensrechtlichen Ausgleich auf der Grundlage einer stillschweigend geschlossenen Ehegatteninnengesellschaft durchzuführen, geht auf eine Entscheidung des BGH im Jahre 1952[224] zurück.

 

Rz. 431

In dieser Entscheidung hatte der erkennende Senat erstmals die Ansicht vertreten, dass die eheliche Mitarbeit ihren Rechtsgrund auch ohne ausdrückliche Vereinbarung in einem konkludent geschlossenen Gesellschaftsvertrag haben kann, wenn sie über dasjenige hinausgeht, wozu der Ehepartner kraft Gesetzes verpflichtet ist. Dann leiste der Ehepartner seine Arbeitskraft, auch wenn er hierfür keine unmittelbare Gegenleistung erhält, nicht allein für den anderen Ehepartner, sondern in der grundsätzlichen Erwartung einer wirtschaftlichen Teilhabe.[225]

 

Rz. 432

Grundsätzlich scheiden Ausgleichsansprüche nämlich aus, wenn Zuwendungen als bloße Gefälligkeiten angesehen werden.[226] Gleiches gilt, wenn sie sich im gesetzlich geschuldeten Ausmaß, der gegenseitigen Beistands- und Unterstützungspflicht des § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB und/oder der Familienunterhaltspflicht nach § 1360 BGB bewegt. Denn Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung. Ein gelegentliches Aushelfen auf beruflicher Ebene ist danach der gegenseitigen Beistands- und Unterstützungspflicht geschuldet. Betreiben beide Eheleute ein Geschäft und bringen beiderseitig ausgewogen Vermögen in das Unternehmen ein, gilt nichts anderes. Dies gilt, solange die interne Verteilung der Arbeit auf beruflicher Ebene und im Haushalt einvernehmlich geregelt ist, somit beide ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung stellen und damit keiner von beiden den Unterhalt der Familie überwiegend alleine bestreitet (vgl. § 303 SGB VI).

[224] BGH NJW 1953, 418 f.
[225] BGH NJW 1953, 418 f.
[226] BGH FamRZ 1982, 910, 911.

2. Rechtsfigur des familienrechtlichen Vertrages sui generis

 

Rz. 433

Im Jahre 1982 hat der BGH dann erstmals einen zweiten Weg der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung neben dem gesellschaftsrechtlichen Ausgleich aufgezeigt. Dieser führt über einen stillschweigend geschlossenen familienrechtlichen Kooperationsvertrag sui generis.[227] Dieser familienrechtliche Vertrag sui generis begründet keine Primärpflichten, kann aber Ausgleichsansprüche nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage auslösen.

[227] BGH FamRZ 1982, 910 ff.

3. Anwendungsbereiche

 

Rz. 434

Die Anwendungsbereiche der stillschweigenden Ehegatteninnengesellschaft und des konkludent geschlossenen familienrechtlichen Vertrages sui generis sind mannigfaltig. Sie werden in der Landwirtschaft, bei selbstständigen Handwerksbetrieben, aber auch in kleinen Arztpraxen, Hausverwaltungen und Kleinstbetrieben, die von der Mitarbeit des jeweils anderen Ehepartners teils nicht unerheblich profitieren, gelebt. Denkbar sind auch Fälle, in denen gemeinsam ein Immobilienvermögen aufgebaut wird, das aber nur einem der Ehegatten gehört. Häufig soll so der Zugriff von Gläubigern auf das Vermögen des Ehegatten verhindert werden, damit die Familie von den Erträgen leben und auch weiteres Vermögen bilden kann. Denkbar ist auch, dass die Ehefrau ihrem Ehemann die Verwaltung eines bereits in die Ehe eingebrachten Mietobjektes überlässt und er dies durch seine Bewirtschaftung zu einer erheblichen Wertsteigerung führt. Nicht selten hat auch ein Ehemann mit seiner Arbeitsleistung ein Haus auf dem Grundstück seiner Ehefrau errichtet.

 

Rz. 435

Beide Ausgleichsmechanismen sind dabei grundsätzlich nicht auf den Anwendungsbereich der Ehegattenmitarbeit beschränkt. Beide erfassen vielmehr alle unterschiedlichen Mittel und Leistungen, die zum Erwerb des Vermögens beigetragen haben. So auch Vermögensverschiebungen in Gestalt von Geld- und Sachleistungen.[228]

 

Rz. 436

Die Anwendung der Ausgleichsmechanismen wurde in der Rechts...

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