Rz. 722

Zu unterscheiden ist die Bruchteils-Gläubigerschaft auch von der selten vorkommenden Gesamtgläubigerschaft, als die mehrfache Zuständigkeit solcher Forderungen, die nur einmal erfüllt zu werden brauchen. Die mehreren Gläubiger sind hier berechtigt, jeder die ganze Leistung an sich selbst zu verlangen, aber so, dass der Schuldner nur einmal zu leisten verpflichtet ist, § 428 S. 1 BGB. Die Leistung an einen der Gläubiger befreit also den Schuldner allen gegenüber.[564] Sofern nichts anderes vereinbart ist, kann der Schuldner nach seinem Belieben an jeden der Gläubiger leisten, selbst dann, wenn bereits einer von ihnen die Klage erhoben hat.

 

Rz. 723

 

Praxistipp

Gesamtgläubigerschaft ist für den Schuldner vorteilhaft, da er sich nicht darum zu kümmern braucht, was etwa dem einen, was dem anderen Gesamtgläubiger gebührt; für die Gläubiger ist es hingegen ein Nachteil, da jeder damit rechnen muss, der Schuldner werde an den anderen leisten, dieser ihm selbst zuvorkommen.

Gesamtgläubigerschaft ist selten, das Gesetz ordnet sie allein in § 2151 Abs. 3 BGB und nunmehr in §§ 116, 117 SGB X an.

Gesamtgläubigerschaft kann freilich vertraglich vereinbart werden; dies ist jedoch in der Praxis selten, da jeder Gläubiger gewärtig sein muss, nichts zu erhalten, weil der Schuldner einen der anderen Gläubiger vorzieht.

Im Innenverhältnis besteht zwischen den Gesamtgläubigern, soweit vertragliche Abreden fehlen, ein Gemeinschaftsverhältnis.[565]

[564] MüKo-BGB/K. Schmidt, § 741 Rn 43.
[565] Erbarth, NJW 1997, 900 94, 996; dem folgend Palandt/Grüneberg, § 428 Rn 1.

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