Rz. 561

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird als ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme einer stillschweigend eingegangenen Innengesellschaft gewertet.[294] Denn für den Fall der Ehescheidung wird über den güterrechtlichen Weg die Teilhabe an den Ergebnissen der gemeinsamen Arbeit und der Bildung des Vermögens gewährleistet. Wobei die Rechtsprechung die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft zunehmend großzügiger wertet.[295] Es ist daher immer zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die die Annahme eines Rechtsbindungswillens im Sinne einer Ehegatteninnengesellschaft trotz möglichen Ausgleichs über den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft rechtfertigen.

 

Rz. 562

Es entspricht seit dem Urteil des BGH vom 25.6.2003[296] der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass der Zugewinnausgleich die Ansprüche aus der Ehegatteninnengesellschaft nicht verdrängt. Vielmehr besteht ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch neben dem Anspruch auf Zugewinnausgleich. Die Ausgleichsansprüche aus gesellschaftsrechtlicher Abwicklung sind in die Endvermögensbilanz einzustellen.

 

Rz. 563

Der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2003 lag zugrunde, dass die Eheleute über die Frage stritten, ob die Ehefrau verpflichtet sei, der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung im ersten Jahr der Trennung zuzustimmen. Ihr Ehemann war Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und verfügte über ein hohes Bruttoeinkommen. Seine Ehefrau war in der Praxis des Mannes angestellt und hatte im Steuerjahr Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus zwei ihr gehörigen Immobilien erzielt. Daneben hatte sie weitere Verluste aus einer mit einem Dritten geführten GbR erlitten. Für letztere war der Mann aufgekommen, der wiederum in dem Gebäude der GbR seine Praxis führte. Der klagende Ehemann strebte über den Weg der Zusammenveranlagung die Verrechnung der Verluste seiner Ehefrau mit seinen positiven Einkünften an. Die Ehefrau wollte die Verluste auf die Folgejahre vortragen lassen. Während das OLG Frankfurt eine Zustimmungspflicht unter Bezugnahme auf § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB verneinte, ließ der BGH diese Frage unter Bezugnahme auf die in § 1353 BGB normierten allgemeinen, aus dem Wesen der Ehe folgenden Rechtspflichten offen. Vielmehr verwies er auf die Möglichkeit des Bestehens einer vertraglichen Vereinbarung in Form einer Ehegatteninnengesellschaft wie folgt:

Zitat

Für einen Rückgriff auf die allgemeinen, aus dem Wesen der Ehe folgenden Rechtspflichten ist nämlich dann kein Raum, wenn die Ehegatten ausdrücklich oder konkludent eine Vereinbarung getroffen haben, aus der sich eine Regelung für die Nutzung steuerlicher Vorteile im Wege der gemeinsamen Veranlagung herleiten lässt. Bei dem hier vorliegenden Sachverhalt hätte das Oberlandesgericht deshalb der Frage nachgehen müssen, ob nicht von einer – auch stillschweigend möglichen – Abrede der Parteien über ihre vermögensrechtlichen Beziehungen und über ihre Mitarbeit an der Bildung von Vermögen auszugehen ist, die sich nach den Regeln des Gesellschaftsrechts bestimmt. In einer solchen Abrede läge die Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, einer gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer für 1996 zuzustimmen, ergäbe sich dann aus der Verpflichtung, an der Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks mitzuwirken (§ 705 BGB).

 

Rz. 564

Der Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass der dinglich nicht Berechtigte alternativ auch das Zugewinnausgleichsverfahren betreiben könnte. Beide Verfahrensmöglichkeiten bestehen nebeneinander. Der gesellschaftsrechtliche Anspruch ist keinesfalls subsidiär.[297]

 

Rz. 565

Der gesellschaftsrechtliche Ausgleichsanspruch besteht somit unabhängig davon, ob der Zugewinnausgleich zu einem unangemessenen Ergebnis geführt hat oder nicht. Für den vereinbarten Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft muss Entsprechendes gelten.[298]

 

Rz. 566

 

Praxistipp

Da der BGH tendenziell verstärkt auf die Ehegatteninnengesellschaft zurückgreift, gilt es in der Beratung von Ehegatten, die eine Vermögensbildung anstreben, deren Vorstellung im Falle des Scheiterns der Gemeinschaft zu erarbeiten und rechtzeitig niederzulegen. Die Ergebnisse einer gerichtlichen Auseinandersetzung sind häufig nur schwer vorhersehbar, auch wenn sich durch die bereits dargestellten Kriterien die Unwägbarkeiten bei der Feststellung begrenzen lassen. Falls der gesellschaftsrechtliche Ausgleich nicht gewünscht wird, empfiehlt sich daher der Abschluss eines Ehevertrages, in dem z.B. der Zugewinnausgleich modifiziert wird.

 

Rz. 567

 

Formulierungsbeispiel

Wir vereinbaren hiermit, dass andere Ausgleichsansprüche nicht bestehen sollen; insbesondere entsteht nicht etwa durch die Mitarbeit im Betrieb eines Ehegatten, durch die Leistung bedeutsamer finanzieller Beiträge oder Sachleistungen in das Vermögen des anderen oder durch das gemeinsame Halten und Vermehren von Vermögensgegenständen eine Ehegatteninnengesellschaft, wenn wir die...

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