Rz. 396
Stets sollte geprüft werden, ob ein Verfahren wegen Durchführung des Gesamtgläubigerausgleichs wirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist. Denn möglicherweise wirkt sich die Durchführung des Gesamtgläubigerausgleichs nicht aus. Dies würde für den Mandanten nur unnötige Kosten nach sich ziehen, die vermeidbar sind.
Rz. 397
Nicht immer sind Forderungen aus dem Gesamtgläubigerausgleich unstreitig. Sind diese umstritten, sollten sinnvollerweise Vergleichsberechnungen durchgeführt werden, immer auch unter Bezugnahme eines eventuellen Verfahrenskostenrisikos.
Rz. 398
Rechenbeispiel
Die Eheleute, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, haben bei Eingehung der Ehe über kein Anfangsvermögen verfügt. Gemeinsam haben sie ein Geldvermögen zum Stichtag in Höhe von 80.000 EUR erwirtschaften können. Der Ehemann behauptet einen Gesamtgläubigeranspruch. Die Höhe dieses Ausgleichsanspruchs nach § 430 BGB ist nicht unstreitig. Sie beläuft sich auf eine Forderung in Höhe von mindestens 8.000 EUR und höchstens 35.000 EUR. Der Ehemann führt ein familiengerichtliches Verfahren gegen seine Ehefrau, welches mit dem Ergebnis endet, dass sie an ihn einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 8.000 EUR entrichten muss. Daran anschließend wird das Zugewinnausgleichsverfahren durchgeführt. Es stellt sich mithin die Frage, ob nach Durchführung des Gesamtgläubigerausgleichs eine Veränderung in der Höhe des Zugewinns eintritt oder ob die Situation unverändert bleibt.
Führt der Ehemann das Gesamtgläubigerausgleichsverfahren durch und erhält einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 8.000 EUR, so ist dieser Anspruch in die Zugewinnausgleichsberechnung wie folgt einzustellen:
Endvermögen Ehemann: | |
Geldvermögen | 80.000 EUR |
Ausgleichsanspruch gegen Ehefrau | 8.000 EUR |
Zugewinn insgesamt | 88.000 EUR |
Endvermögen Ehefrau: | |
Geldvermögen | 80.000 EUR |
Ausgleichsanspruch des Ehemannes | – 8.000 EUR |
Zugewinn insgesamt | 72.000 EUR |
Differenz: | 16.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau ½ von 16.000 EUR und somit 8.000 EUR.
Durch vorstehende Berechnung wird verdeutlicht, dass die Durchführung des Gesamtgläubigerausgleichs sinnlos war, weil der Ehemann den dort erhaltenen Betrag über den Zugewinnausgleich wieder erstatten muss.
Das Ergebnis ändert sich auch nicht, wenn der Gesamtgläubigerausgleichsanspruch höher angesetzt wird, so wie im Beispiel erwähnt mit 35.000 EUR. Die Berechnung ergibt sich dann wie folgt:
Endvermögen Ehemann: | |
Geldvermögen | 80.000 EUR |
Ausgleichsanspruch gegen Ehefrau | 35.000 EUR |
Zugewinn insgesamt | 115.000 EUR |
Endvermögen Ehefrau: | |
Geldvermögen | 80.000 EUR |
Ausgleichsanspruch des Ehemannes | – 35.000 EUR |
Zugewinn insgesamt | 45.000 EUR |
Differenz: | 70.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau ½ von 70.000 EUR und somit 35.000 EUR
Unverändert wäre die Durchführung des Gesamtgläubigerausgleichs in einer derartigen Konstellation sinnlos. Der Ehemann müsste den dort erhaltenen Betrag über den Zugewinnausgleich wieder erstatten.
Rz. 399
Demgegenüber kann ein Gesamtgläubigerausgleich aber wirtschaftlich sinnvoll sein, wenn der Anspruch nach § 430 BGB höher ist, als der Zugewinn des ausgleichspflichtigen Ehegatten.
Rechenbeispiel
Die Eheleute leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Der Ehemann hat ein Endvermögen in Höhe von 60.000 EUR erwirtschaftet, ein Anfangsvermögen bestand nicht. Er hat aufgrund der Einziehung einer gemeinschaftlichen Forderung durch die Ehefrau einen Gesamtgläubigerausgleichsanspruch in Höhe von 40.000 EUR gegen sie. Im Innenverhältnis hätte ihm diese Forderung in voller Höhe zugestanden. Die Ehefrau verfügte bei Eingehung der Ehe über kein Anfangsvermögen und hat während der Ehe auch keinen Zugewinn realisiert. Unter Berücksichtigung des Gesamtgläubigerausgleichs ergibt sich folgende Berechnung:
1. Gesamtgläubigerausgleich | |
Ehemann gegen Ehefrau | 40.000 EUR |
2. Zugewinnausgleich | |
Endvermögen Ehemann: | |
Geldvermögen | 60.000 EUR |
Ausgleichsanspruch gegen Ehefrau | 40.000 EUR |
Zugewinn insgesamt: | 100.000 EUR |
Endvermögen Ehefrau: | |
Geldvermögen | 0 EUR |
Ausgleichsanspruch des Ehemannes | – 40.000 EUR |
Zugewinn insgesamt | 0 EUR |
(da der Zugewinn nicht negativ sein kann) | |
Endvermögen | 0 EUR |
Differenz: | 100.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau ½ von 100.000 EUR und somit 50.000 EUR.
3. Verrechnung
Nach Verrechnung der 50.000 EUR aus dem Zugewinnausgleichsverfahren abzüglich 40.000 EUR Forderung aus dem Gesamtgläubigerausgleich zahlt der Ehemann der Ehefrau noch 10.000 EUR.
Führt man den Gesamtgläubigerausgleich nicht durch, würde sich folgende Berechnung ergeben:
Endvermögen Ehemann: | |
Geldvermögen | 60.000 EUR |
Zugewinn insgesamt: | 60.000 EUR |
Endvermögen Ehefrau: | |
Geldvermögen | 0 EUR |
Zugewinn insgesamt | 0 EUR |
Differenz: | 60.000 EUR |
Zugewinnausgleichsanspruch der Ehefrau ½ von 60.000 EUR und somit 30.000 EUR.
Vergleicht man die beiden Berechnungen wird deutlich, dass der Zugewinnausgleich unter Berücksichtigung des Gesamtgläubigerausgleichs dazu führt, dass sich der Ehemann wirtschaftlich besser stellt. Zwar muss er einen Zugewinn a...
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