Rz. 987

Regelmäßig wird der Ehegatte, der ausgezogen ist, auch ein Interesse daran haben, im Außenverhältnis aus dem Mietvertrag entlassen zu werden. Kommt es dann aber nicht zu einer allseitigen Vereinbarung über eine solche Entlassung aus dem Mietverhältnis, steht dem ausgezogenen Ehegatten gegenüber dem Vermieter kein Anspruch auf eine Entlassung aus dem Mietverhältnis zu.[896]

 

Rz. 988

Es stellt sich dann die Frage, ob der ausgezogene Ehegatte gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf gemeinschaftliche Kündigung des Mietvertrages hat, um so die Entlassung des ausgezogenen Ehegatten zu erreichen.

 

Rz. 989

Soweit nach Rechtskraft der Scheidung für die Dauer eines Jahres die in § 1568a BGB spezialgesetzlich geregelte Möglichkeit besteht, ohne Kündigung des Mietverhältnisses durch bloße Erklärung beider Ehegatten gegenüber dem Vermieter eine Umgestaltung des Mietvertragsverhältnisses durch Fortsetzung nur mit dem verbleibenden Ehegatten zu erreichen, kann eine Mitwirkung an einer Kündigung nicht verlangt werden. Vielmehr hat der ausgezogene Ehegatte gegen den verbleibenden Ehegatten dann nur einen Anspruch auf Mitwirkung an der Entlassung aus dem Mietverhältnis durch entsprechende Mitteilung an den Vermieter nach § 1568a Abs. 3 S. 1 BGB.[897]

 

Rz. 990

Ist diese Möglichkeit wegen Zeitablaufs nicht mehr gegeben oder die Ehe noch nicht rechtkräftig geschieden, kommt ein Anspruch auf Kündigung nur in Betracht, wenn das Interesse des ausgezogenen Ehegatten ganz deutlich überwiegt. Dieses besteht regelmäßig darin, dass der ausgezogene Ehegatte im Außenverhältnis weiter haftet und damit faktisch das Insolvenzrisiko des verbleibenden Ehegatten trägt. Dieser wird dagegen schon deshalb kein Interesse an einer Kündigung haben, weil auch er so seine Rechte aus dem Mietvertrag verlieren kann, wenn der Vermieter nicht bereit ist, mit ihm alleine dann einen neuen Mietvertrag über die Wohnung zu schließen. Außerdem geht das Gesetz in den familienrechtlichen Sonderreglungen in den §§ 1361b BGB und 1568a BGB davon aus, dass während der Trennungszeit keine Eingriffe in das Mietvertragsverhältnis erfolgen sollen. Im Ergebnis wird man einen Anspruch auf die Mitwirkung an einer Kündigung daher ausnahmsweise nur dann bejahen können, wenn der verbleibende Ehegatte den ihn im Innenverhältnis alleine treffenden Verbindlichkeiten im Außenverhältnis nicht nachkommen kann oder will, insbesondere wenn erkennbar ist, dass er sich die Miete realistischerweise nicht wird leisten können und damit die Inanspruchnahme des ausgezogenen Ehegatten durch den Vermieter absehbar droht.[898]

 

Rz. 991

Will der verbliebene Ehegatte dann zu einem späteren Zeitpunkt doch noch die Wohnung aufgeben, besteht immer ein Anspruch auf Mitwirkung an der Kündigung gegen den bereits ausgezogenen Ehegatten, es sei denn, dieser will selbst wieder in die Ehewohnung zurückkehren.[899]

[896] OLG Celle FamRZ 1998, 1530; Götz/Brudermüller, Rn 93.
[897] Palandt/Brudermüller, § 1568a Rn 12; Wever, Rn 328e.
[898] OLG Hamburg NJW-RR 2001, 1012, 1013; Wever, Rn 328d.
[899] Wever, Rn 328d.

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