Rz. 371

Ein Ehegatte, der nicht mehr als die Hälfte des Guthabens verlangt, muss lediglich darlegen und im Falle des Bestreitens beweisen, dass dem anderen mehr als die Hälfte vom Oder-Konto zugeflossen ist. Demgegenüber trägt der Ehegatte, dem mehr als die Hälfte zugeflossen ist, die Beweislast dafür, dass eine von der Vermutung des § 430 BGB abweichende Regelung des Innenverhältnisses vorliegt. Dazu das OLG Brandenburg[206] unter Bezugnahme auf den BGH:

Zitat

Im Prozess braucht nur dargetan zu werden, dass dem anderen Gesamtgläubiger durch die Leistung des Schuldners mehr zugeflossen ist, als seinem hälftigen Anteil entspricht. Die Sache des Inanspruchgenommenen ist es dann, eine Gestaltung des Innenverhältnisses darzulegen und notfalls zu beweisen, die eine andere als die vom Gesetz vermutete hälftige Beteiligung oder einen Ausschluss der Ausgleichspflicht ergibt (BGH NJW 1990, 705).

 

Rz. 372

Diese Beweislastverteilung gilt sowohl für die Zeit nach der Trennung als auch für Abhebungen aus der Zeit des Zusammenlebens. Da die Umstände aus der Zeit des Zusammenlebens meist einen stillschweigenden Verzicht auf Ausgleichsansprüche nahelegen, ist in der Regel der Beweis für eine der Ausgleichspflicht entgegen stehenden Gestaltung des Innenverhältnisses einfacher zu führen.[207]

 

Rz. 373

Die Vermutungswirkung des § 430 BGB, wonach Gesamtgläubiger im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen berechtigt sind, wirkt sogar über die Scheidung hinaus. So das OLG Naumburg:[208]

Zitat

Die Vermutungswirkung des § 430 BGB wird für ein von Ehegatten gemeinschaftlich eingerichtetes Oder-Konto nicht allein dadurch entkräftet, dass sich die Eheleute trennen oder sogar rechtskräftig geschieden werden und sich ein Ehegatte nicht mehr aktiv an den Bankgeschäften betreffend das Konto beteiligt.

 

Rz. 374

 

Praxistipp

Eine isolierte Verfolgung des Ausgleichsanspruchs mit dem damit einhergehenden Verfahrenskostenrisiko lässt sich in der Praxis vielfach umgehen, wenn die entnommenen Beträge auf den Unterhaltsbedarf angerechnet werden. In der Regel ist ein Ausgleichsanspruch gegen einen unterhaltsbedürftigen Ehegatten nur schwer durchsetzbar. Nach Genehmigung der Kontoverfügung lässt sich in den dafür geeigneten Konstellationen dadurch häufig eine pragmatische Lösung erzielen.

 

Rz. 375

 

Praxistipp

Checkliste: Oder-Konto

Besteht ein Ausgleichsanspruch i.H.v. ½ bei der Abhebung des gesamten Guthabens?

1. Berechtigung der Ehegatten im Innenverhältnis

in der Regel beide zu ein halb,
oder liegt eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 430 BGB vor?

Falls nicht:

2. Erfolgte die Abhebung nach der Trennung?

Der Anspruch nach § 430 BGB besteht, es sei denn, die Ehegatten haben eine anderweitige Bestimmung getroffen

eine anderweitige Bestimmung liegt dann vor, wenn eine Verfügung den früheren gemeinsamen Vorstellungen der Ehepartner entspricht.

Wurde etwa:

mit der Geldentnahme noch eine gemeinsame Schuld bezahlt,
oder hat der nicht erwerbstätige Ehegatte maßvolle Abhebungen, die dem früheren Umfang entsprechen zur Sicherung des Unterhaltes der Rest Familie getätigt
und war dies von dem mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten gedeckt?

3. Erfolgte die Abhebung vor der Trennung?

Besteht kein Anspruch wegen des konkludenten Ausgleichsverzichts, es sei denn,

die Verfügung wurde für ehefremde Zwecke genutzt und war daher missbräuchlich,
die Abhebung diente der Finanzierung der Trennung oder der Rücklagenbildung hierfür
und war nicht vom mutmaßlichen Willen des anderen Ehegatten gedeckt.

4. Gerichtliches Verfahren sinnvoll?

Alternativ Anrechnung auf den Unterhaltsbedarf sinnvoll
Auswirkung im Zugewinnausgleich wirtschaftlich sinnvoll
[207] BGH FamRZ 1990, 370, 371.

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