Rz. 418

Selbst wenn der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung aufgrund einer wirksamen Schenkungsabrede im Verhältnis zu den Erben endgültig behalten darf, sollte der Nachlasspfleger bedenken, dass es sich bei einem überschuldeten Nachlass um eine vermögenswerte Rechtsposition handelt. Denn in einem Nachlassinsolvenzverfahren ist die wirksame Schenkung nach §§ 134, 143 InsO anfechtbar, es sei denn sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.[330] Ebenso unterliegt die Schenkung auch der Anfechtung durch die Nachlassgläubiger nach § 4 AnfG.

 

Rz. 419

Insofern hat es sich in der Praxis bewährt, bei einem überschuldeten Nachlass auch bei einer wirksamen Schenkung an den Bezugsberechtigen als Nachlasspfleger zu versuchen, von ihm die Leistung unter Hinweis auf die mögliche Insolvenzanfechtung und Gläubigeranfechtung (§ 4 AnfG) heraus zu verlangen. Denn wenn er nicht im Rahmen der Pflegschaft freiwillig zahlt, wird er an den Insolvenzverwalter zahlen müssen.

 

Rz. 420

In diesem Fall wird der Erwerb des Bezugsberechtigten auch für die Kosten des Insolvenzverfahrens herangezogen. Bei der Abwicklung über die Nachlasspflegschaft kann man dem Bezugsberechtigten in Aussicht stellen, dass ein möglicher Überschuss an ihn ausgekehrt wird, so dass dieses Verfahren für ihn wirtschaftlich günstiger ist.

 

Rz. 421

Hierbei ist bei der widerruflichen Bezugsberechtigung die Versicherungssumme Bereicherungsgegenstand, die vierjährige Anfechtungsfrist beginnt mit Todes- bzw. Versicherungsfall.[331] Da bei der unwiderruflichen Bezugsberechtigung, die eher der Ausnahmefall ist, der Versicherungsnehmer eine gesicherte Rechtsstellung des Bezugsberechtigten bereits unmittelbar durch die Einräumung des Bezugsrechts erwirkt, kann eine Insolvenzanfechtung nur erfolgen, wenn die Einräumung innerhalb der vier Jahre vor dem Insolvenzantrag erfolgte, ansonsten sind nur die Prämienzahlung innerhalb dieses Vierjahreszeitraums anfechtbar und Bereicherungsgegenstand ist dann lediglich die durch die die konkrete Prämienzahlung erlangte Wertsteigerung.[332]

 

Rz. 422

Muster 3.4: Widerruf an Lebensversicherung

 

Muster 3.4: Widerruf an Lebensversicherung

(...) Unter der o.g. Versicherungsnummer besteht eine Lebensversicherung. XY ist verstorben. Ich bitte um Auskunft bezüglich der Höhe der aufgelaufenen auszuzahlenden Versicherungssumme inkl. eventueller Überschussanteile.

Sollte ein Bezugsrecht zugunsten eines Dritten bestehen, so widerrufe ich einen Ihnen vom Erblasser erteilten Auftrag, den Eintritt des Versicherungsfalles und die Zuwendung des Bezugsrechtes dem Dritten mitzuteilen. Bitte teilen Sie mir in diesem Fall Name und Anschrift des Bezugsberechtigten mit.

Sollte das Versicherungsverhältnis bereits abgerechnet worden sein, so erbitte ich Auskunft über die Höhe der Versicherungsleistung, den Zahlungsempfänger und darüber, ob die Zahlung gegen Vorlage der Police oder aufgrund eines Bezugsrechtes erfolgte.

Zusätzlich bitte ich um Prüfung und Nachricht, ob in Ihrem Hause weitere Versicherungen für die Person geführt werden. (...)

 

Rz. 423

Muster 3.5: Schenkungswiderruf an Bezugsberechtigten bei Überschuldung

 

Muster 3.5: Schenkungswiderruf an Bezugsberechtigten bei Überschuldung

PER EINWURF-EINSCHREIBEN

Sehr geehrte/r Frau/Herr,

zum Tode von _________________________ spreche ich Ihnen meine aufrichtige Anteilnahme aus.

Der Erblasser hatte die o.g. Lebensversicherung abgeschlossen. Der Vertrag war zu Ihren Gunsten mit einem Bezugsrecht versehen. In der Zuwendung des Bezugsrechts liegt eine Schenkung. Ein etwaiges, Ihnen durch die Versicherung oder anderweitig übermitteltes Schenkungsangebot widerrufe ich hiermit ausdrücklich. Sie haben somit keinen Rechtsgrund, den Anspruch auf die Versicherungsleistung zu behalten.

Ich weise vorsorglich darauf hin, dass von der Versicherungsleistung Nachlassverbindlichkeiten zu zahlen sind (Beerdigungskosten etc.). Im Falle der Nachlassinsolvenz wäre die Schenkung ebenfalls anfechtbar und Sie müssten den Anspruch auf die Versicherungsleistung an den Nachlassinsolvenzverwalter abtreten. Darüber hinaus könnten Sie auch jetzt schon von allen Nachlassgläubigern im Wege der Anfechtungsklage jederzeit wegen offener Nachlassverbindlichkeiten in Anspruch genommen werden. Bei nicht freiwilliger Erfüllung drohen Ihnen dann auch weitere Prozesskosten.

Sie haben daher den Anspruch darauf, die Versicherungsleistung an mich als gerichtlich bestellten Nachlasspfleger abzutreten. Bitte senden Sie mir das hierzu vorbereitete Abtretungsformular unterzeichnet und mit einer Kopie Ihres Personalausweises versehen zurück. Ein Rückumschlag ist beigefügt. Für die Rücksendung der Abtretung habe ich mir eine Frist von einer Woche notiert. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist bin ich seitens des Nachlassgerichts gehalten, den Abtretungsanspruch unverzüglich vollstreckungsfähig zu machen _________________________.

Anlage

Abtretung

Hiermit trete ich, _________________________, geb. _________________________...

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