Rz. 490

Als gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben[380] hat der Nachlasspfleger mit dem Aufgabenkreis "Nachlassverwaltung" die steuerlichen Pflichten der unbekannten Erben zu erfüllen.[381] Der Nachlasspfleger muss dementsprechend über steuerrechtliches Wissen verfügen, um diesen Pflichten nachzukommen. Daneben kann der Nachlasspfleger aber auch die steuerlichen Rechte der unbekannten Erben wahrnehmen. Insoweit gilt es für den Nachlasspfleger, das Steuerrecht als Chance wahrzunehmen und dem Nachlass liquide Mittel zuzuführen.

Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf einen Überblick über solche steuerlichen Angelegenheiten, die in der Praxis der Nachlasspflegschaft regelmäßig anfallen. Eingegangen wird nur auf Fragen des deutschen Steuerrechts.

 

Rz. 491

Gemäß § 34 Abs. 1 AO hat der Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben Steuererklärungen abzugeben und für die Begleichung der Steuerschulden Sorge zu tragen. Der Nachlasspfleger haftet gemäß § 69 AO persönlich für Steuerausfälle aufgrund einer etwaigen vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung dieser Pflicht.

 

Rz. 492

Als die häufigsten Steuerangelegenheiten kommen die Erbschaftsteuer, die Einkommensteuer sowie Grundsteuern vor. War der Erblasser selbstständig tätig, unterhielt er insbesondere einen Gewerbebetrieb, kommen auch weitere Steuerarten (Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) in Betracht.

 

Rz. 493

Der Nachlasspfleger ist allerdings immer nur Bekanntgabeadressat von Steuerbescheiden.[382] Für den ErbSt-Bescheid folgt dies ausdrücklich aus § 32 Abs. 2 ErbStG.[383]

 

Rz. 494

Der Nachlasspfleger muss sämtliche an ihn gerichteten und bei ihm eingehenden Steuerbescheide prüfen, um im Interesse der Erben im Zweifel Rechtsmittel einzulegen. Soweit dem Nachlasspfleger die eigene Sachkunde fehlt, muss er Rat bei geeigneten Personen einholen. Falls der Erblasser in der Vergangenheit steuerlich beraten war, ist es sachgerecht, diesen Berater auch weiterhin zu beauftragen.[384]

 

Rz. 495

Im Hinblick auf die steuerlichen Rechte und Pflichten des Nachlasspflegers ist zu unterscheiden zwischen denjenigen in Bezug auf

vor dem Erbfall in der Person des Erblassers entstandenen Steuern,
die Erbschaftsteuer,
nach dem Erbfall durch die Erben verwirklichte Steuertatbestände.

Die nachfolgenden Ausführungen greifen diese Unterscheidung auf und erläutern die Tätigkeit des Nachlasspflegers auf dem Gebiet des Steuerrechts in chronologischer Abfolge.

[380] BVerfG v. 18.1.2000 – 1 BvR 321/96, NJW 2000, 1709; BGH v. 26.10.1967 – VII ZR 86/65, BGHZ 49, 1; BFH v. 21.12.2004 – II B 110/04, BFH/NV 2005, 704; Palandt/Weidlich, BGB, § 1960 Rn 11.
[381] Zimmermann, Die Nachlasspflegschaft, Rn 942.
[382] FG Saarland v. 10.9.2013 – 1 V 1229/13, EFG 2013, 1947; AEAO zu § 122 Nr. 2.13.2.
[383] AEAO zu § 122 Nr. 2.13.4.2.
[384] Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft, Rn 589.

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