Rz. 55

Führt der Nachlasspfleger eine Vielzahl von Pflegschaften, erleichtert er sich die Vermögensverwaltung und die Abrechnung gegenüber dem Gericht erheblich, wenn er mit einem Kreditinstitut zusammenarbeitet und das vorhandene Bankvermögen dort nach Auflösung der Erblasserkonten auf ein Girokonto, ggf. ein Sparkonto und ein Depotkonto zusammenfasst, soweit Zinsbindungsfristen nicht entgegenstehen. Er kann dann alle Vorteile des Onlinebanking nutzen und hat zentralen Zugriff auf sämtliche Kontoumsätze.

 

Rz. 56

Die Errichtung eines eigenen Kontos ist auch dann dringend geboten, wenn das vorhandene Girokonto des Erblassers überzogen ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass mögliche Erstattungen, die noch auf das überzogene Konto gelangen, für den Nachlass verloren gehen. Der Nachlasspfleger sollte daher möglichen Schuldnern umgehend die neue Kontoverbindung mitteilen und darauf bestehen, dass Zahlungen nur noch hierauf erfolgen. Zahlungen auf das alte Konto haben dann keine Erfüllungswirkung mehr.[50]

 

Rz. 57

Geht vor Mitteilung der neuen Kontoverbindung dennoch eine Einzelerstattung von mehr als 3.000 EUR durch Zahlung auf das überzogene Konto verloren, kann der Pfleger einwenden, der Schuldner habe mangels nach §§ 1812, 1813 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderlicher nachlassgerichtlicher Genehmigung nicht mit befreiender Wirkung gezahlt und die Zahlung nochmals fordern (Ausnahme: Nutzungen und Kosten einer Kündigung und Rechtsverfolgung, § 1813 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BGB).

 

Rz. 58

Für jede Nachlasspflegschaft sollten eigene Konten geführt werden. Kontoinhaber sind die "unbekannten Erben" des Erblassers, gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger. Diese Kontobezeichnung ist nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 154 Ziff. 4 S. 6 ausdrücklich zulässig. Dies ist auch gängige Praxis.

Die Nutzung von Treuhand/Ander- oder Sammelanderkonten und Sonderkonten ("wegen Nachlass xy")[51] ist wegen der Vermischung von Pflegschaftsgeldern und wegen § 1805 BGB unzulässig.[52] Die gegenteilige Auffassung des OLG Köln[53] ist für die Fallgruppe der Anderkonten berechtigten Nachlasspfleger nicht haltbar, da sie die nachfolgend skizzierte pfändungsrechtliche Problematik missachtet und auch den unmissverständlichen Anwendungserlass des § 154 AEAO ignoriert. Das OLG Köln konstatiert faktische Widerstände zahlreicher Kreditinstitute bei der Errichtung von Konten auf die "unbekannten Erben" und zieht daraus den Schluss, dass dann Anderkonten eröffnet werden müssten. Dies ist abzulehnen:[54] Schließlich muss der Erbe jederzeit die Möglichkeit haben, nach Erbnachweis durch den Erbschein unmittelbar auf sein Vermögen zuzugreifen und nicht erst auf dem Umweg über einen Treuhänder.[55] Hinzu kommt eine pfändungsrechtliche Problematik: die Pfändung in das Vermögen des Kontoinhabers (Nachlasspflegers) umfasst grundsätzlich auch die zuvor genannten Kontoarten.[56] Die Bank wird zwar den pfändenden Gläubiger im Rahmen der Drittschuldnererklärung auf die Eigenschaft als Anderkonto hinweisen. Die Initiative läge dann allerdings beim Treugeber, der in diesem Fall wiederum die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO hätte.[57] Da Treugeber aber unbekannte Erben sind, sind diese nicht handlungsfähig, so dass die Vollstreckung nicht verhindert werden kann. Bei Kleinguthaben kann die Verbuchung auf einem Sammelanderkonto aber wegen der ansonsten ggf. entstehenden Kontoführungsgebühren sinnvoll sein. Zumal wegen der aufgelaufenen Vergütung ohnehin ein Zurückbehaltungsrecht des Nachlasspflegers bestünde.

[50] BGH v. 17.3.2004 – VIII ZR 161/03, NJW-RR 2004, 1281 = MDR 2004, 1068; OLG Köln v. 20.1.2006 – 19 U 63/05, BeckRS 2006, 02147 = WM 2006, 1144.
[51] Schimansky/Bunte/Lwowski/Joeres, § 29 Rn 13.
[52] Vgl. OLG Dresden v. 13.1.1999 – 13 U 2283/98, ZEV 2000, 402 (404); OLG Köln v. 4.7.1996 – 16 Wx 139, 140/96, FamRZ 1997, 899.
[53] So auch OLG Köln v. 24.3.2014 – 2 Wx 28/14, ZEV 2014, 357 f.
[54] Ebenfalls kritisch: Brammen, NZFam 2014, 764.
[55] Zimmermann, Nachlasspflegschaft, Rn 351.
[56] KG Berlin v. 3.12.2012 – 24 U 124/11, BeckRS 2013, 12690 = WM 2013, 1407.
[57] Vgl. Schimansky/Bunte/Lwowski/Bitter, § 33 Rn 105 ff., 110; LG Köln v. 9.3.1987 – 21 O 545/86, NJW-RR 1987, 1365.

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