Rz. 470
Der Nachlasspfleger hat den gesetzlichen Rentenversicherungsträger vom Tod des Erblassers zu benachrichtigen, damit die Zahlung von Altersrenten, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Renten von Todes wegen (Witwen-, Witwer-, Erziehungsrente, Waisenrente) eingestellt wird. Zuständig für die Entgegennahme der Sterbefallmitteilung sind die örtlich zuständigen Niederlassungen des Renten Service der Deutschen Post AG in Berlin, Köln, Leipzig oder Stuttgart (www.rentenservice.com). Diese sind vom Gesetzgeber ausdrücklich ermächtigt, die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung auszuzahlen und übernehmen auch die Entgegennahme der Sterbefallmitteilungen, § 119 SGB VI.
Rz. 471
Praxistipp
Neben der Mitteilung des Sterbefalles sollte standardisiert auch der letzte Zahlungsweg erfragt werden.
Rz. 472
Die Rentenzahlung endet mit dem Ablauf des Kalendermonats, in dem der Rentenempfänger verstorben ist, § 102 Abs. 5 SGB VI. Die dem Berechtigten im Voraus gezahlte Rente (siehe § 118 SGB V) ist in Höhe des Teilbetrages, der auf den Zeitraum vom Beginn des auf das Ableben folgenden Tages bis zum letzten Tag des Todesmonats entfällt, den Rechtsnachfolgern zu belassen.[359] Da der Rentenservice den Tod oftmals erst viel später erfährt, kommt es häufig zu Rentenüberzahlungen. Sollte der Rentenversicherungsträger nach dem Tod des Erblassers Zahlungen auf ein Konto des Erblassers vorgenommen haben, gelten diese Zahlungen gemäß § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI als unter Vorbehalt erbracht. Er kann Überzahlungen daher von inländischen Geldinstituten zurückfordern ("Rentenrückruf").
Rz. 473
Reicht in diesem Zeitpunkt das Guthaben aufgrund von weiteren Kontobewegungen für einen Rentenrückruf nicht mehr aus, kann der Rentenversicherungsträger den Empfänger der Geldleistung zur Erstattung heranziehen, § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI, ohne dass dieser sich seinerseits auf eine Entreicherung berufen kann.[360] Die so in Anspruch genommenen Empfänger werden ihrerseits wieder entsprechende Forderungen gegen den Nachlass geltend machen.
Rz. 474
Löst der Nachlasspfleger das Konto auf und wird die Rentenüberzahlung für die Kosten der Nachlasspflegschaft oder zur Bestreitung von Verwaltungsaufgaben verbraucht, kann dieser vom Rentenversicherungsträger nicht persönlich zur Erstattung herangezogen werden. Der Nachlasspfleger handelt als gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben im Rahmen seines Wirkungskreises und kann daher gegen eine persönliche Inanspruchnahme erfolgreich Widerspruch einlegen.[361] Für die Überzahlung haften die (unbekannten) Erben, gesetzlich vertreten durch den Nachlasspfleger. Diese können vom Rentenversicherungsträger als Verfügende auf Rückforderung mittels Verwaltungsakt in Anspruch genommen werden, § 118 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI. Die Forderung ist dann "normale" Nachlassverbindlichkeit, die bei bestandkräftigem Bescheid und dürftigem Nachlass im Rahmen einer Abwicklung nach § 1991 Abs. 3 BGB (analog) vorrangig zu befriedigen sein dürfte, siehe § 9 Rdn 85.
Rz. 475
Der Nachlasspfleger hat auch zu prüfen, ob der Erblasser noch Rentennachzahlungsansprüche hat, die etwa aufgrund eines laufenden Rentenantragsverfahrens bis zum Tod noch nicht ausgezahlt wurden. Diese werden grundsätzlich nach den erbrechtlichen Vorschriften des BGB vererbt, § 58 SGB I, soweit keine Sonderrechtsnachfolger im Sinne des § 56 SGB I (Ehegatten, Kinder, Eltern, Haushaltsführer) vorhanden sind. Diese Sonderrechtsnachfolge ist von der Erbfolge des BGB unabhängig und vorrangig. Die Ausschlagung der Erbschaft nach §§ 1942 ff. BGB erfasst nicht auch die Ansprüche aus der Sonderrechtsnachfolge.[362]
Rz. 476
Praxistipp
Der Nachlasspfleger kann versuchen, die Sonderrechtsnachfolger zu einer Verzichtserklärung nach § 57 SGB I zu veranlassen. Dann fallen die Ansprüche wieder in den Nachlass.
Rz. 477
Besteht keine Sonderrechtsnachfolge ist Folgendes zu beachten: Da nach § 58 S. 2 SGB I ausgeschlossen ist, dass der Fiskus die Rentennachzahlungsansprüche geltend macht, kann der Rentenversicherungsträger die Erfüllung dieser Ansprüche solange verweigern, wie die Erben noch unbekannt sind.[363] Dies gilt selbst dann, wenn weder das Fiskuserbrecht festgestellt, noch ein Erbe ermittelt wird. Dass hierdurch die Gläubiger benachteiligt werden, nimmt die Rechtsprechung hin.[364]
Rz. 478
Auch bei einer lang andauernden Erbenermittlung muss der Nachlasspfleger allerdings nicht befürchten, dass die Nachzahlungsansprüche gemäß § 45 Abs. 1 SGB I nach vier Jahren verjähren. Denn die Verjährung ist nach § 45 Abs. 2 i.V.m. § 211 BGB gehemmt bis die Erben feststehen, da der Nachlasspfleger die Ansprüche ja gerade nicht geltend machen kann.
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