Rz. 29

In der Regel hat der Unternehmer sehr klare Vorstellungen, wer sein Nachfolger im Unternehmen werden soll. Gleichgültig, ob er insoweit eine oder mehrere Personen ins Auge gefasst hat, beruht seine Auswahl auf bestimmten Einschätzungen nicht nur der in Betracht kommenden Personen, sondern auch der Rolle, die sie zukünftig als Unternehmer auszufüllen haben werden. Hier gilt es, das Anforderungsprofil herauszuarbeiten, das der bzw. die potenziellen Nachfolger erfüllen müssen, um den zu erwartenden Anforderungen gewachsen zu sein. An diesem Profil sollten sich die in Betracht Kommenden messen lassen. Und auch der Unternehmer sollte versuchen, diesen Maßstab möglichst objektiv anzuwenden, anstatt pauschal zu unterstellen, dass seine Abkömmlinge "selbstverständlich" oder "selbstverständlich nicht" in seine Fußstapfen treten können. Dies fällt erfahrungsgemäß umso leichter, je mehr der Prozess objektiviert werden kann, indem die zu fordernden persönlichen Qualitäten abstrakt aber gleichzeitig "griffig" und möglichst detailliert herausgearbeitet werden.

 

Rz. 30

Aber natürlich kommt es nicht allein auf die Erfüllung eines abstrakten Kriterienkataloges an. Darüber hinaus muss ein ernsthaft in Betracht kommender Nachfolger auch den Willen haben, die Unternehmerrolle anzunehmen und auszufüllen.[8] Dabei kann auch das persönliche Umfeld der Nachfolge-Kandidaten eine erhebliche Rolle spielen. Die Frage, welchen persönlichen Einsatz (nicht zuletzt auch unter dem Gesichtspunkt der einzusetzenden Zeit) die Unternehmerrolle dem, der sie annimmt, abverlangt, sollte ebenso wenig ausgeklammert werden wie die Frage, ob die Familie des jeweiligen Nachfolgers (Partner, Kinder) sich hierauf einstellen kann. In diesem Zusammenhang stellt man nicht selten fest, dass verschiedene Generationen die Themen Einsatz und Engagement teilweise recht unterschiedlich interpretieren. Ist es für die ältere Generation oftmals völlig normal, einen großen Teil der Wochenenden mit unternehmensbezogener Arbeit zu verbringen und Urlaub als die Zeit zu definieren, in der man am Wochenende die im Ferienhaus weilende Familie besucht, so hat die jüngere Generation diesbezüglich ganz andere Vorstellungen. Und diese müssen nicht zwingend bedeuten, dass ihr unternehmerisches Engagement weniger ernsthaft oder weniger bedingungslos wäre.

 

Rz. 31

Allerdings gibt es auch Fälle, in denen der Unternehmer davon überzeugt ist, innerhalb seiner Familie keinen geeigneten Nachfolger zu haben. Oft ist diese Überzeugung auch zutreffend, entweder die erforderliche Qualifikation fehlt und/oder (erklärtermaßen) keine Motivation zur Übernahme der unternehmerischen/operativen Verantwortung besteht. Dann ist zunächst danach zu fragen, ob jedenfalls das Eigentum im Unternehmen für die Familie langfristig gesichert werden soll oder ob ein Verkauf des Unternehmens und eine – wie auch immer geartete – anderweitige Investition des Verkaufserlöses anzustreben ist.

[8] Scherer/Scherer, MAH Erbrecht, § 1 Rn 7.

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