Rz. 42

Eines der wichtigsten Strukturprinzipien nachrangiger Gesetze ist das Gegenwärtigkeitsprinzip.[71] Damit löst sich eine Vielzahl praktisch relevanter Notfälle. Es dürfen in der Sozialhilfe immer nur die tatsächlich zur Verfügung stehenden und zur Bedarfsdeckung geeigneten Mittel[72] für den gegenwärtigen Bedarf berücksichtigt werden. Es kommt dementsprechend darauf an, ob die jeweiligen Mittel als "bereite" Mittel geeignet sind, den gegenwärtigen Bedarf zu decken. Wenn Mittel tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, dann haben die tatsächlichen Verhältnisse gegenüber einer nur normativen und als Berechnungsgrundlage zu verstehenden Regelung den Vorrang.[73]

Der Hilfesuchende darf somit wegen seines gegenwärtigen Bedarfs nicht auf Mittel verwiesen werden, die ihm tatsächlich nicht oder nicht mehr zur Verfügung stehen. Er darf auch nicht auf Mittel verwiesen werden, die ihm erst in der Zukunft tatsächlich zur Verfügung stehen.[74]

 

Rz. 43

Durchbrechungen dieses Prinzips müssen gesetzlich geregelt sein und finden sich bei der hier bedeutsamen Fallgruppe der einmaligen Einnahmen. Grundsätzlich werden Bedarf und zu berücksichtigendes Einkommen nach dem Monatsprinzip bestimmt.[75] Einmalige Einnahmen werden auf einen Zeitraum von sechs Monaten (§ 11 Abs. 3 S. 3 SGB II) aufgeteilt[76] und mit einem entsprechenden Teilbetrag berücksichtigt.

[71] Berlit/Conradis/Pattar/Berlit, Existenzsicherungsrecht, Teil I, Kapitel 7, Rn 19.
[72] BVerwG v. 15.12.1977 – Az.: V C 35/77, BVerwGE 55, 152.
[75] Berlit/Conradis/Pattar/Pattar, Existenzsicherungsrecht, Teil I, Kapitel 10, Rn 9.
[76] BSG v. 29.11.2012 – Az.: B 14 AS 33/12 R, BSGE 112, 229–235 Rn 13; vgl. Berlit/Conradis/Pattar/Pattar, Existenzsicherungsrecht, Teil I, Kapitel 10, Rn 20 ff., der generell von einem Sechs-Monats-Zeitraum ausgeht.

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