Rz. 257

Im Sozialhilferecht sind besonders die rechtlichen Beschränkungen von Bedeutung, aus denen die klassischen Behindertentestamente "gebaut" werden. Das sind

die (nicht befreite) Vorerbschaft (§§ 2113 ff. BGB)/Nacherbschaft[458] – oder auch das Vorvermächtnis/Nachvermächtnis – oberhalb des gesetzlichen Pflichtteilsrechtes
die Dauertestamentsvollstreckung (§ 2209 BGB)
die Verwaltungsanordnungen an den Testamentsvollstrecker (§ 2216 Abs. 2 BGB).

Diese Verfügungsbeschränkungen können allein oder in Kombination auftreten und den "Zugriff" auf Erbmittel erschweren, bestenfalls verhindern. Das eigentliche Verwertungshindernis entsteht durch die Kombination mit der Dauertestamentsvollstreckung und den komplettierenden Verwaltungsanordnungen.

Die sozialhilferechtliche Kommentarliteratur hält solche Ausgestaltungen z.T. für problematisch, weil es dabei darum gehe, dem Sozialhilfeträger auch die nach dem Tod des Behinderten verbleibenden Mittel zu entziehen.[459]

 

Hinweis

Bei den nachfolgenden Ausführungen ist ausdrücklich zu beachten, dass sie zwar im Zusammenhang mit den rechtlichen Verfügungshindernissen beim Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII abgehandelt werden. Tatsächlich sind die Zuflüsse bei klassischen Behindertentestamenten im SGB XII aber gar kein Vermögen, sondern Einkommen nach §§ 82 ff. SGB XII. Warum?

Alles, was im Bedarfszeitraum zufließt, ist Einkommen. Ebenso werden Forderungen, die vor dem Bedarfszeitraum entstanden sind, zwar als Vermögen, aber im Zeitpunkt ihrer Realisation als Einkommen angesehen.

Erträge aus einem Nachlass, die regelhaft im Bedarfszeitraum ausgezahlt werden, sind folglich Einkommen und nicht Vermögen. Gleichwohl sind die Ausführungen auch für die Frage des einsatzfähigen Einkommens von Bedeutung. Denn Einkommen i.S.v. § 82 SGB XII ist ein Zufluss in Geld oder Geldeswert im Bedarfszeitraum. Etwas, was aber gar nicht "versilberbar" ist und zu Geld gemacht werden kann, kann auch beim Einkommen nicht berücksichtigt werden.

[458] Vgl. Gutachten des Deutschen Vereins NDV 1998, 29 m.w.N.
[459] Bieritz-Harder/Conradis/Thie/Geiger, LPK-SGB XII, § 90 Rn 121.

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