Rz. 361

Wenn die Entscheidung für eine Härte gefallen ist, dann führt dies nicht zwingend zur vollständigen Freistellung des Vermögens von seiner Einsatz- oder Verwertungspflicht. § 90 Abs. 3 SGB XII steht unter dem Vorbehalt "soweit" der Einsatz oder die Verwertung eine Härte bedeuten würde.[623] Das BVerwG hat in diesem Vorbehalt auch die Möglichkeit gesehen, schon im Rahmen von § 90 Abs. 3 SGB XII – bzw. damals § 88 Abs. 3 BSHG – Sozialhilfe nur als Darlehen zu gewähren. Insbesondere aus dem Individualisierungsgrundsatz ergibt sich danach, dass der Härtevorschrift des § 88 Abs. 3 BSHG (jetzt § 90 Abs. 3 SGB XII) nicht immer nur durch gänzliche Freilassung des Vermögens Rechnung getragen werden kann und muss. Wie sich das Verlangen nach Einsatz und Verwertung des Vermögens auf einen Teil beschränken darf, um der Härtevorschrift zu genügen, so bestehen ebenso wenig Bedenken dagegen, dadurch einer Härte zu begegnen, dass Sozialhilfe in Form eines Darlehens bei dinglicher Sicherung durch das vorhandene Vermögen gewährt wird.[624]

Damit tritt § 90 Abs. 3 SGB XII in Konkurrenz zu § 91 SGB XII. § 90 Abs. 3 SGB XII ist allerdings stets vorrangig vor § 91 SGB XII zu prüfen.

 

Rz. 362

Die darlehensweise Gewährung sieht die Rechtsprechung auch nicht als Problem an, soweit damit bewirkt wird, dass ein Hausgrundstück bei langer Abhängigkeit von der Sozialhilfe den Erben des Sozialhilfebeziehers eines Tages so stark belastet zufällt, dass es für diese keinen nennenswerten wirtschaftlichen Wert mehr darstellt. Die Frage des Schonvermögens stelle sich nur höchstpersönlich für den Sozialhilfeempfänger, nicht aber für dessen Erben. Das zeige § 102 SGB XII. Der Erbe haftet danach für den Kostenersatz unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Nachlass nach § 102 SGB XII. Daraus leitet die Rechtsprechung ab, dass daraus zugleich der Grundsatz zu entnehmen sei, dass es kein beachtliches Motiv für die Härteregelung ist, den Erben das Vermögen des Sozialhilfeempfängers zu erhalten.[625]

[623] Grube/Wahrendorf/Flint/Giere, SGB XII, § 90 Rn 70.
[624] BVerwG v. 17.10.1974 – Az.: V C 50.73, BVerwGE 47, 103 Rn 24.
[625] BVerwG v. 17.10.1974 – Az.: V C 50.73, BVerwGE 47, 103 Rn 28.

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