Rz. 561

Ein Handeln ist "sozialwidrig" und begründet objektiv einen Anspruch Sozialhilfeträgers auf Kostenersatz, wenn der Handelnde eine Lage schafft, die den Träger der Sozialhilfe zwingt, trotz vorangegangener Versagung der Hilfe noch einmal leisten zu müssen. "Sozialwidrig ist ein solches vollendete Tatsachen schaffendes Verhalten, weil es eine "Selbsthilfe" ist, die gegen die durch das Gesetz allein dem Träger der Sozialhilfe vorbehaltene Regelungsbefugnis verstößt … Im besonderen Maße sozialwidrig erscheint ein solches Verhalten, wenn der Träger der Sozialhilfe bereits vorher seine Auffassung durch Erlass eines ablehnenden Verwaltungsaktes eindeutig zu erkennen gegeben hat."[939] Dieses Zitat stammt aus einer Entscheidung zur eigenmächtigen Auswahl einer Einrichtung für ein behindertes Kind, gilt aber ebenso für die Schaffung einer Bedarfslage durch den vorzeitigen Verbrauch zufließender Mittel.

Der Kostenersatzanspruch dürfte seinen Hauptanwendungsfall bei dieser Fallgruppe des vorzeitigen Verbrauchs zugeflossener Mittel haben, weil es hier um die Sozialwidrigkeit von Verhalten und nicht um die Ausübung von für alle geltenden Gestaltungsrechten geht.

 

Rz. 562

Die meisten Fälle stammen aus dem SGB II, deshalb wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen. In den vorstehend zitierten Fällen zum vorzeitigen Verbrauch zugeflossener Mittel weist die Rechtsprechung zumeist auf die Möglichkeit des Kostenersatzes hin, um deutlich zu machen, dass die Solidargemeinschaft zwar noch einmal leistet, das "Verprassen" der Mittel aber mit einem Unwerturteil versieht.

Vereinzelt gibt es in den SGB II-Fällen Hinweise darauf, dass ein "Verprassen" auf jeden Fall nicht angenommen werden kann, wenn der Bedürftige das Geld nicht nach Maßgabe des Sozialhilferegelsatzes ausgegeben, sondern nur "gut gelebt" hat. Das entspricht der Lebenssituation desjenigen, der vor Sozialhilfebedürftigkeit geerbt und "gut gelebt hat". Da es – außer nach § 41 Abs. 4 SGB XII – keine Obliegenheit zum sparsamen Verbrauch der Mittel vor Sozialhilfebezug gibt, kann es auch keine Sanktionen geben, wenn man durch den Zufluss von Mitteln aus Erbschaft und Schenkung aus dem Sozialhilfebezug herausfällt und dann oberhalb des Sozialhilfeniveaus lebt.

[939] BVerwG v. 14.1.1982 – Az.: 5 C 70/80, BVerwGE 64, 318 ff.

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